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/ Wort zum Tag

Den Mund voll nehmen – ja, bitte sehr!

Andreas Schenk über Psalm 71,8.

Lass meinen Mund deines Ruhmes und deines Preises voll sein täglich.

Psalm 71,8

Heute nehme ich den Mund voll. Und zwar gleich den ganzen Tag. Und damit will ich nicht mehr aufhören, bis ich alt und grau bin. 

Keine Angst, ich bin kein notorischer Prahler. Ich fühle mich nicht als «Prachtstück» von einem Menschen. Es ist die Tageslosung, die mich einlädt, den Mund voll zu nehmen:

„Lass mein Mund täglich deines Ruhmes und deines Preises voll sein.“ (Psalm 71,8)

Das hebräische Wort für voll kann auch mit Wasser oder Getreide gefüllt meinen – da wird das Maß großzügig gefüllt. Bis obenaus.

Ähnlich wird das Wort in der Bibel auch im übertragenen Sinn gebraucht. Menschen erleben, wie sie mit der Kraft Gottes oder seiner Gerechtigkeit erfüllt werden. Manchmal auch bis obenaus.

Trotzdem steht am Ursprung von Psalm 71 wohl gerade nicht eine Erfahrung der Fülle. Denn laut dem Vers gleich vor unserem Tagesvers ist der Beter für viele ein «Gezeichneter», ein vom Leben versehrter Mensch. Und in Vers 9 bittet er: «wenn meine Kraft schwindet, verlass mich nicht.» (Ps. 71,9b Bibel in gerechter Sprache)

Und dazwischen, mittendrin in diesem Leben sozusagen, steht die Tageslosung:

„Lass mein Mund täglich deines Ruhmes und deines Preises voll sein.“ (Psalm 71,8)

Es ist also kein junger, enthusiastischer Mensch, der so betet. Es ist ein vom Leben gezeichneter Mensch, der trotz und in allem so betet.

Der Ruhm und Lobpreis Gottes wird hier nicht ans individuelle Wohlergehen oder an die persönliche Lebenskraft gebunden. Dieses Gotteslob ist nicht «ich»-bezogen. Es entspringt vielmehr einem tiefen Vertrauen auf Gottes Beistand.

Das zeichnet dieses Gotteslob aus. Und mir fallen viele ähnliche «Dennoch-Lobgesänge» ein. Menschen, die Gott trotz schweren Geschichten und widrigen Lebensumstände loben und preisen. Es sind meist Menschen, die auch in der Klage und in der Not kein Blatt vor den Mund nehmen. Ich vermute, dass ihnen gerade deshalb das Gotteslob ein täglicher Halt ist. 

Manche Kirchenlieder von Paul Gerhardt oder Jochen Klepper gehen in diese Richtung. Oder Texte von Dietrich Bonhoeffer aus dem Gefängnis. Oder so manches stilles, verborgenes Gotteslob aus Kranken- oder Spitalbetten heraus. Und mir fallen Christinnen und Christen in vielen anderen Gegenden der Welt ein. Da wird in schwierigen Umständen Gottesdienst gefeiert und Gott zu Ehren gesungen. Und dieser Lobgesang ist nicht vorab ans eigene Wohlergehen oder an «einen Deal» mit Gott gebunden.

„Lass mein Mund täglich deines Ruhmes und deines Preises voll sein.“(Psalm 71,8) 

Egal was mir dieser Tag bringen mag, dieses Gotteslob soll die Grundmelodie meines Lebens sein. Mit Gottes Hilfe nehme ich den Mund voll damit. 

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Anstoß

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Kommentare (4)

Stefan K. /

Ganz herzlichen Dank für die so passende, sich parallel zum aktuellen Dasein sich abzeichnende Morgenandacht

Heinrich D. /

Danke, es trifft auf mein Leben zu.

Susanne Z. /

Gott segne Sie weiterhin in ihrem Dienst in der Wortverkündigung. Einfach erhellend.

Constanze G. /

Das Gotteslob ist die Grundmelodie meines Lebens,ich höre sie täglich in Gott und Vivaldi...