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/ Wort zum Tag

Armut als Herzenshaltung

Thomas Huth über Lukas 6,20.

Jesus spricht: Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.

Lukas 6,20

Der erste Satz von Jesus, den er seinen Jüngern und der Gemeinschaft mitteilte, die erste Aussage seiner wichtigen Bergpredigt nach dem Lukasevangelium, ist zugleich auch der heutige Lehrtext der Herrnhuter Brüdergemeine. Er lautet: „Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.“

Das ist eine grundlegende Aussage, wenn man sich fragt: Wie kann ich in Gottes Nähe kommen? Wie kann ich Teilhaber seines Reiches sein?

Jesus sagt: Glücklich seid ihr Armen. Er sagt nicht: Glücklich sind die Armen. Das würde ich auch schwer einordnen können, denn ich kenne einige von materieller Armut betroffene Menschen, die mit ihrer Situation überhaupt nicht zufrieden oder gar glücklich wären. Und wenn ich mir die Jünger anschaue, waren diese, bevor sie Jesus nachgefolgt sind, vergleichsweise nicht unbedingt arm. Sie gingen einer Arbeit nach, waren offenbar auch nicht träge, berufsunfähig oder anderweitig daran gehindert, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und auch einige Frauen, die Jesus nachfolgten, schienen eher vermögend zu sein als arm. Der Mangel an materiellen Gütern mag vielleicht eine Folge sein, wenn man sich Jesus zuwendet, aber er ist keine Voraussetzung. Jesus scheint es vielmehr darum zu gehen, dass Menschen sich voll und ganz auf ihn einlassen, ihn höher und wertvoller achten als alles andere und sich ihm uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen. Es ist wie eine Art selbstauferlegte Armut um Jesu Willen, um in seiner Freiheit anderen Menschen das Evangelium zu bringen. Wären Jesus und seine Nachfolger materiell reich gewesen, dann hätten sie vielleicht viele Leute erreicht, die eher nach materiellem Reichtum gestrebt hätten im Sinne eines Wohlstandschristentums. Und man hätte es vielleicht so gesehen wie die Pharisäer und Schriftgelehrten zu dieser Zeit: Wer sich an die Gebote Gottes hält, wer seine religiöse Leistung pflichtbewusst erbringt, der wird von Gott geehrt und mit Reichtum beschenkt. So aber hatten Jesu Jünger kein Gold oder Silber oder andere weltliche Annehmlichkeiten zu verteilen, sondern allein die Liebe, die Gnade und den Segen Gottes.

Die Zuwendung Gottes durch Jesus Christus ist das größte Geschenk, was ein Mensch überhaupt empfangen kann, aber es ist nicht einfach, die Vergebung Gottes zu begreifen, geschweige denn sie anzunehmen. Darum braucht es eine Herzenshaltung, die so arm ist, dass ich mich für Jesus öffnen kann. Und es ist die Demut, die bereit ist, sich von allem Weltlichen, auch von dem eigenen Stolz und dem Leistungsdenken zu lösen und sich vollständig auf Gott zu verlassen. 

Jesus ruft uns dazu auf, nicht nach Reichtum oder weltlichem Erfolg zu streben, sondern danach, im Glauben zu wachsen und demütig vor Gott zu sein. Wer in diesem Sinn arm ist, wird fähig sein, das Reich Gottes wie ein Geschenk zu empfangen. Wer arm ist, wird erkennen, wonach man zu hungern und zu dürsten hat: nicht nach materiellen Gütern, sondern nach dem Wort Gottes; nicht nach Macht, sondern nach Gerechtigkeit und Liebe. Nicht zuerst nach menschlicher Anerkennung, sondern nach Jesu Nähe und seiner Leitung. Wenn wir bei Jesus sind und bei ihm bleiben, befinden wir uns mittendrin im Reich Gottes schon jetzt und bis in alle Ewigkeit. Das wahre Glück liegt nicht im Besitz von materiellen Dingen, sondern in der Nähe zu Gott und in der Erfüllung seines Willens.

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