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Amos 5,14

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Suchet das Gute und nicht das Böse, auf dass ihr leben könnt

Amos 5,14

„Suchet das Gute und nicht das Böse, auf dass ihr leben könnt.“ (Amos 5,14).

Es ist ein Klagelied, das hier auf das Volk Israel angestimmt wird. Der Prophet Amos beschwert sich über die Unterdrückung der Armen, über Bestechung und Ungerechtigkeit den sozial Schwächeren gegenüber. Ein Thema also, das heute genauso aktuell ist wie vor rund 2800 Jahren, als Amos Prophet in Israel war. Ich denke, da können wir gut zustimmen. Natürlich ist es wichtig, die Bedürfnisse derer wahrzunehmen, die weniger haben als wir. Und es ist auch wichtig, mit denen achtsam umzugehen, denen die Ellenbogenmentalität fremd ist, die sich nicht so leicht durchsetzen können oder wollen wie die, die Geld und Macht in Hülle und Füller zur Verfügung haben. Aber kann man das Gute auch suchen, wenn einem selbst Böses widerfahren ist?

1944 wurde sie mit ihrer Familie nach Auschwitz deportiert. Zehn Jahre war sie damals alt. Gemeinsam mit ihrer Schwester wurde sie Opfer der Zwillingsforschungsexperimente des KZ-Arztes Dr. Josef Mengele. Die Holocaust-Überlebende Eva Kor hat viel später einen ungewöhnlichen Schritt getan: Zum 50. Jahrestag der Befreiung hat sie in Auschwitz Dr. Mengele und allen Nationalsozialisten das vergeben, was sie ihr  angetan hatten. Es war ein Akt der Selbstheilung.

Denn erst, als sie vergeben konnte, was ihr angetan wurde, war sie wirklich frei. Viele Menschen können Eva Kors Haltung nicht verstehen. Entschuldigt man auf diese Weise nicht den Täter?

Die Jüdin Eva Kor aber hat mit ihrer Haltung eine ganz besondere Erfahrung gemacht: Sie muss nicht mehr ständig über das grübeln, was ihr angetan wurde. Sie muss keine Rachegedanken mehr pflegen, muss nicht ständig über Möglichkeiten der Vergeltung nachdenken. Sie muss auch nicht verbittern, weil eine gerechte Verurteilung des Täters nicht mehr möglich ist. Das bedeutet nicht, dass das Böse in ihrem Leben nicht auch als „Böses“ benannt werden darf. Aber es bedeutet, dass das Böse nicht mehr die zentrale Rolle in ihrem Leben spielt. Es bedeutet, dass dem Bösen die Macht genommen ist.

„Suchet das Gute und nicht das Böse, auf dass ihr leben könnt.“ So soll es nach Gottes Willen sein. Eva Kor hat auf ihre Weise das Gute, von dem Amos spricht, gesucht. Und sie wurde frei, das Gute in ihrem Leben zu sehen und es dankbar zu genießen. Sie konnte aufatmen. Das Leben hat für sie noch einmal neu begonnen.

Wie oft fühlen wir uns im Alltag von anderen ungerecht behandelt, sind gekränkt und  verletzt im Blick auf das, was jemand gesagt oder getan hat. Wie oft kreisen die Gedanken dann ständig um dieses eine negative Erlebnis. Wir quälen uns mit fortwährenden Grübeleien, ein Teufelskreis entsteht, manchmal bis hin zu Rachegedanken und Vergeltungswünschen. Wie befreiend kann es dann sein, die Last bei Gott abzuladen, dem anderen zu vergeben. Innerlich frei zu werden. Neu anfangen zu können. Sich dem Leben zu öffnen.

Bis heute setzt sich Eva Kor aktiv dafür ein, die medizinischen Hintergründe der Experimente von Josef Mengele aufzudecken, damit die Opfer entsprechend behandelt werden können. Auch das gehört dazu. Aktiv für Aufklärung und Gerechtigkeit einzutreten.

Damit aus Bösem Gutes wird. Damit wir und andere sinnerfüllt leben können.

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