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/ Wort zum Tag

1. Johannes 4,18

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.

1. Johannes 4,18

Martin Luther hat in seinem kleinen Katechismus die Erklärung der Zehn Gebote immer mit folgendem Satz eingeleitet: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir ...“ - und dann kommt die eigentliche Erklärung zu dem jeweiligen Gebot. Fürchten und lieben – kann man das?

Wenn ich einen Menschen liebe, kann ich ihn nicht gleichzeitig fürchten. Man spricht zwar gelegentlich von „Hass-Liebe“ zwischen zwei Menschen, aber zum einen sind das Ausnahmen. Und außerdem ist Hass ja doch noch eine andere Art von Abneigung als Furcht. Im allgemeinen ist es so, dass Liebe und Furcht sich gegenseitig ausschließen. Ich kann nicht meine Frau lieben und mich gleichzeitig vor ihr fürchten. Ich kann auch nicht meinen Chef verehren und gleichzeitig Angst vor ihm haben. Unter uns Menschen ist das so.

Ist das denn in unserem Verhältnis zu Gott anders? Fürchten und Lieben – geht das da gleichzeitig?

Nun sagt mancher: „Immer wenn in der Bibel von Furcht vor Gott die Rede ist, dann ist damit nicht Furcht im Sinne von Angst haben gemeint, sondern da ist im Grunde Furcht im Sinne von Ehrfurcht gemeint.“ Solch eine Deutung geht mir zu schnell. Ich glaube, dass wir dieses Wort „Furcht“ zunächst einmal ganz wörtlich nehmen sollten. Ich kann mich fürchten vor Gott. Doch, wirklich! Wenn ich denke, wie sehr ich mich in Schuld verstrickt habe. Und wenn ich damit gedanklich vor Gott als meinem Richter stehe. Und wenn er dann das Urteil fällt: Schuldig. Ich bin schuldig vor Gott. Ganz und gar und ganz allein. Und wenn ich dann nicht nur den Schuldspruch, sondern auch die Strafverkündigung mir vergegenwärtige, dann kann ich wohl Furcht empfinden vor diesem Richter.

Ich glaube, dass nur der, der sich wirklich einmal ob seiner Schuld zutiefst vor Gott gefürchtet hat, ermessen kann, was eigentlich Gnade ist, was für eine Erlösung das ist, wenn es eben nicht heißt: „Du bist des Todes schuldig.“ Sondern dass mir zugesprochen wird: „Auch wenn deine Schuld noch so groß ist, du musst die Strafe nicht selbst büßen. Ich habe meinen Sohn für dich büßen lassen.“

Und nach solch durchlebter Furcht und der geschenkten Gnade kann die Liebe nur um so größer sein.

Wenn ich jedoch gar zu leichtfertig mit meiner Schuld vor Gott umgehe und sage: „Na klar, dazu ist Jesus ja in die Welt gekommen, damit mir meine Schuld vergeben wird. Also muss ich mir darum keine besonderen Gedanken machen.“ So darf ich meine Schuld, die mich ja zutiefst von Gott trennt, nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Wenn ich aber ergriffen bin von der unfassbaren und absolut unverdienten Gnade Gottes, dann ist ein Zustand erreicht, den Johannes in unserem Bibelwort umschreibt mit „vollkommene Liebe“.

Liebe ist etwas, was wir eigentlich immer im emotionalen Bereich ansiedeln. Aber das, was Johannes hier mit „vollkommener Liebe“ umschreibt, stelle ich mir ganz anders vor. Das hat wenig mit Gefühlen zu tun. Da geht es um eine Qualität des Bewusstseins.

Vielleicht hilft uns ein Vergleich aus dem Bereich menschlicher Beziehungen. Wenn ich von einer „vollkommenen Liebe“ zwischen zwei Menschen spreche, meine ich vor allem die Weise der inneren Übereinstimmung zwischen den beiden. Sie sind – so sagen wir gern – „ein Herz und eine Seele“. Das bedeutet: Die innere Einheit zwischen diesen beiden Menschen ist so groß, dass sie eins zu sein scheinen. Das wird deutlich an Aussagen wie: „Genau dasselbe habe ich auch gerade gedacht“ oder: „Du nimmst mir das Wort aus dem Mund“ oder: „Das wollte ich auch gerade tun!“

Das möchte ich übertragen auf unser Verhältnis zu Gott. Wenn die innere Übereinstimmung zwischen Gott und mir so ungetrübt und durch Gnade befreit ist, dann ist das die vollkommene Liebe. Und die lässt für Furcht dann allerdings keinen Raum mehr.

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Anstoß

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Kommentare (1)

Steffi Lieske /

Danke, ein seht guter Start in den Sonntag