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/ Bibel heute

Simeons Lobgesang

Angelika Woidich über Lukas 2,29–32.

Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern,[...]

Lukas 2,29–32

„Ein Kind ist uns geboren. Ein Sohn ist uns geschenkt. Herrschaft ruht auf seinen Schultern. Man nennt ihn Friedefürst, wundersamer Ratgeber.“ So hört sich die Weihnachtsbotschaft beim Propheten Jesaja im 9. Kapitel an.

Der ökumenische Bibelleseplan beleuchtet das Geburtsfest Jesu dagegen in diesem Jahr auf eine ganz spezielle Weise. Die Lobgesänge zweier unterschiedlicher Menschen nehmen uns auf poetische Weise hinein in ein einzigartiges Geschehen innerhalb der Menschheitsgeschichte.

Gestern beschäftigte sich „Bibel heute“ mit dem sog. Magnifikat, dem Lobgesang von Maria, der Mutter von Jesus. Ein Engel hatte ihr verkündet, dass sie schwanger werden würde und auserwählt sei, den Sohn Gottes zur Welt zu bringen. Aber nicht nur sie sollte Mutter werden, sondern auch ihre Verwandte Elisabeth, die als unfruchtbar galt. Als es zur Begegnung dieser beiden Schwangeren kommt, preist Maria Gott mit den Worten, die Sie gestern in dieser Sendereihe hören konnten.

Der Lobgesang des Simeon

Heute dagegen werden wir mit dem Lobgesang eines schon älteren Mannes, namens Simeon, vertraut gemacht. Von ihm berichtet der Evangelist Lukas, dass er ein frommer Mann war und den Tod nicht eher schauen werde, ehe er den Messias sehen würde. In den prophetischen Büchern des Judentums war dieser mehrfach angekündigt worden und die gläubigen Juden warteten voller Sehnsucht auf ihn. Aber wann dieser Zeitpunkt im Heilsplan Gottes seine Erfüllung finden sollte, das war unbekannt.

Ganz anders sieht es da mit dem zeitlichen Rahmen aus, wann Simeon die eingangs gehörten Worte gesprochen hat. Hierfür brauche ich nicht meine Fantasie in Anspruch zu nehmen, sondern ich finde alle nötigen Angaben in der Bibel selbst.

Maria und Josef hatten sich als gläubige Juden mit dem Säugling Jesus auf den Weg nach Jerusalem gemacht, um in den Tempel zu gehen. Hierfür gab es zwei Gründe:

Der erste Grund ist im 2. Buch Mose im 13. Kapitel niedergeschrieben. Als Gott die Israeliten – unter der Führung von Moses – aus der ägyptischen Gefangenschaft befreite, hatte er Folgendes verfügt: Jede männliche Erstgeburt, sowohl bei Menschen, als auch bei Tieren, soll in spezieller Weise Gottes Eigentum sein. Menschen auf dem Altar zu opfern, war niemals und ist auch gegenwärtig nicht im Sinne Gottes. So sollte der erstgeborene Sohn zwar Gott geweiht, aber durch ein finanzielles Opfer - sozusagen aus Gottes Besitzanspruch - wieder ausgelöst werden.

Dieses Ritual wurde aus praktischen Gründen sicherlich oftmals mit der Erfüllung einer zweiten Gesetzesvorschrift verbunden. Diese lässt sich im 3. Buch Mose im 12. Kapitel nachlesen. So galt eine Frau nach der Geburt eines Jungen dreiundreißig Tage als unrein. Nach dieser Zeit sollte sie zur Entsühnung ein festgelegtes Opfer im Tempel darbringen. Vorgesehen war ein einjähriges Schaf als Brandopfer und eine Taube oder Turteltaube als Sündopfer. Wer finanziell dazu nicht in der Lage war, erfüllte dieses Gebot auch mit der Opferung von zwei Tauben.

Ja, Jesus wurde wirklich einer von uns Menschen. Auch als Sohn Gottes sollte es für ihn keine Privilegien geben. „Geboren von einer Frau und unter das Gesetz gestellt,“ so schreibt es der Apostel Paulus einige Jahrzehnte nach Jesu Geburt in einem Brief an die Gemeinden in Galatien (Gal. 4,4).

Maria und Josef waren also aus den soeben erläuterten Gründen mit dem Jesuskind im Tempel von Jerusalem. Und hier fand die Begegnung mit Simeon statt. Dieser nahm Jesus in seine Arme und sprach die Worte, die Sie zu Beginn gehört haben. Simeon, so könnte man meinen, war also zur rechten Zeit am rechten Ort. Nein, so war es nicht. Der Evangelist Lukas berichtet, dass Simeon zunächst nicht im Tempel war. Er ging quasi erst unter der Regie des Heiligen Geistes dorthin. Vom Geist Gottes war ihm nämlich eine Verheißung offenbart worden: Er werde nicht eher sterben, bis er den von Gott angekündigten Retter der Welt mit seinen eigenen Augen sehen werde. Nun war dieser Tag gekommen.

Was können wir von Simeon lernen?

Zwei Dinge möchte ich gerne von Simeon lernen: Erstens, das Warten auf Gottes Zusagen. Und zweitens, dass meine Vorstellung und Gottes Handeln nicht immer identisch sind. So glaubte Simeon der Stimme Gottes, auch wenn er sich den Retter der Welt sicherlich nicht als ein hilfloses Kind vorgestellt hat. Er glaubt, dass dieses Kind wirklich derjenige ist, den die Propheten mehrfach angekündigt hatten.

Martin Luther verwendet in seiner Bibelübersetzung die heute kaum noch gebräuchliche Bezeichnung „Heiland“ für Jesus, den Simeon in seinen Armen hält. Ich persönlich schätze dieses Wort sehr. Es drückt aus, dass das Heil, das Gott für alle Völker vorgesehen hat, nichts Abstraktes ist. Der Heiland ist genau dieses Kind, das 33 Jahre später als Mann am Kreuz sterben wird, um die Sünden der gesamten Menschheit stellvertretend auf sich zu laden und durch seinen Tod zu sühnen.

Die „Neues Leben Bibel“ übersetzt die Verse 29–31 der heutigen Bibellese folgendermaßen: „Herr, nun kann ich in Frieden sterben! Wie du es mir versprochen hast, habe ich den Retter gesehen, den Du allen Menschen geschenkt hast.“

Gottes Geschenk an uns

Das Geschenk des Retters und Heilands, geboren unter ärmlichen und einsamen Verhältnissen! Vielleicht verbringen Sie, liebe Zuhörerin, oder Sie, lieber Zuhörer, die Weihnachtstage auch in völliger Einsamkeit. Mir ist bewusst, dass das verschiedene Gründe haben kann. Da fließen mitunter sogar Tränen. „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“, dieses alte und bekannte Weihnachtslied mag für Sie dann eher wie der blanke Hohn klingen. Aber Gottes Geschenk des Retters und Heilands, das ist auch zu Ihnen in Ihre Einsamkeit gesandt worden. Der Trubel um die Feiertage vergeht wieder. Aber die Botschaften von „Welt ging verloren, Christ ist geboren!“ und „Christ ist erschienen, uns zu versühnen! aus dem soeben erwähnten Lied, sind unvergänglich. Diese trostvollen Kernaussagen können sich, trotz aller menschlichen Tragödien, in Freude und Dankbarkeit widerspiegeln.

So möchte ich mit Simeon, auch an diesem Weihnachtsfest, Gott loben. Auch wenn viele Geschehnisse in der Welt sich als besorgniserregend und beängstigend darstellen. Denn Gott sandte seinen Sohn als Retter und Heiland auf diese Erde. Möge diese Botschaft nicht nur das fröhliche, sondern auch das traurige Herz erreichen. Rettung und Heilung durch Jesus, den Mensch gewordenen Sohn Gottes, das wünsche ich jeder Zuhörerin und jedem Zuhörer von ganzem Herzen. Der weihnachtliche Kommerz ist vergänglich, was bleibt ist - Jesus mitten unter uns!

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Kommentare (1)

Johannes F. /

... Dankeschön für die Predigt/ Andacht, die recht segensreich ist.