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/ Bibel heute

Sabbatjahr und Sabbat

Helmut Schilke über 2. Mose 23,10-19.

Sechs Jahre sollst du dein Land besäen und seine Früchte einsammeln. Aber im siebenten Jahr sollst du es ruhen und brach liegen lassen, dass die Armen unter deinem Volk davon essen; und was übrig bleibt, mag das Wild auf dem Felde fressen. Ebenso sollst du es halten mit deinem Weinberg und deinen Ölbäumen. Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun; aber am siebenten Tage sollst du ruhen, auf dass dein Rind und Esel sich ausruhen und deiner Sklavin Sohn und der Fremdling sich erquicken.[...]

2. Mose 23,10–19

In diesem kleinen Abschnitt begegnen uns eine ganze Reihe von Anordnungen, die Gott seinem Volk auferlegt. Ich betrachte sie wie eine Vertiefung der im 1. Buch Mose, Kapitel 20, genannten Zehn Gebote, die ja bis heute noch ihre Gültigkeit haben. Verschiedene andere Auflagen sind für Christen fast bedeutungslos geworden, wie z.B. das Halten des Sabbatjahrs oder die Trennung von Fleisch und Milch. Es gibt aber in unserem Text doch Anhaltspunkte, die uns etwas über das Wesen Gottes und seinen Plan für die Menschheit, ja für die ganze Schöpfung, verraten. Auffallend ist: Gott ist es wichtig, dass sowohl Knechten und Mägden, den Nutztieren in einem Haushalt und sogar landwirtschaftlichen Flächen Phasen zugestanden werden sollen, in denen das Besagte zur Ruhe kommt und Erholung findet.

Sogar Gott selbst verordnet sich Ruhe. Dies kommt in unserem Text nicht explizit vor, aber an vielen anderen Stellen begründet Gott die Sabbatruhe damit, dass auch er selbst, Gott, sich von seinem Werken ausgeruht hat. Hat es Gott nötig, sich auszuruhen? Mit dem Begriff Ausruhen verknüpfen viele die Begriffe Ermüdung und Erschöpfung. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Schöpfer des Himmels und der Erde je erschöpft oder müde geworden ist, wie man es von schwer arbeitenden Menschen kennt. Und trotzdem legt er Wert darauf, zu sagen: Ich habe mich ausgeruht, darum sollt auch ihr euch ausruhen. Aber alle Menschen, auch der Sklave und dann der Esel, ja sogar die Felder sollen zur Ruhe kommen. Hier werde ich unmittelbar an die Worte Jesu, des Sohnes Gottes, erinnert: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen (Markus 2,27).“

Warum will Gott, dass wir zur Ruhe kommen, zur Ruhe finden? Vor vielen Jahren wurde mir mal der Tipp gegeben, mich am Sonntag so intensiv auszuruhen, dass ich mich am nächsten Tag geradezu danach sehne würde, wieder an die gewohnte Arbeit zu gehen. Wer macht denn heute noch so etwas? Manches Mal habe ich mich schon vor die Flimmerkiste gesetzt, um mir einen spannenden Spielfilm anzusehen - zur Entspannung, wie ich mir selbst einredete. Inzwischen weiß ich, solche Filme entspannen mich nicht. Sie lassen vielmehr den Adrenalin-Spiegel ansteigen und dann tritt das genaue Gegenteil ein: ich fühle mich gestresst. Wie kann ich also den Ruhetag gestalten, damit er tatsächlich dazu führt, dass ich mich ausruhe und entspannen kann?

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, denen ich an einem Sonntag nachgehen kann: Ein Buch lesen, spazieren gehen, ausschlafen etc. Jeder muss für sich selbst herausfinden, was ihm an einem solchen Tag guttut. Aber wenn ich so will, enthält unser Bibelabschnitt einen interessanten, wenn auch versteckten Hinweis: „Das Beste von den Erstlingen deines Feldes sollst du in das Haus des Herrn, deines Gottes, bringen“ (2. Mose 23,19).

Wer sich mit dieser Aussage näher beschäftigt, um herauszufinden, was damit gemeint ist, wird bald feststellen, dass Gott aus dem Ertrag der Ernte das Beste als Opfergabe für sich erwartet. Es ist eine Art Dankopfer. Dank klingt positiv, aber opfern hat den Anklang von etwas abgeben, loslassen zur Ehre Gottes. Opfer kann also wehtun. Ich möchte hier die Brücke bilden zu einem Vers aus dem Alten Testament: „Wer Dank opfert, der preiset mich, und da ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes (Psalm 50,23).“ Lassen Sie mich es so umfunktionieren: Es tut weh, sich an einem freien Tag Zeit zu reservieren, um Gott für all das zu danken, womit er mich im Laufe der vergangenen Woche, Monate oder Jahre gesegnet hat. Für manche klingt das ja schon wieder nach Arbeit. Aber wer weiß, vielleicht finde ich durch das Danken eine ungeahnte Entspannung und Ruhe, wie ich es mir nie erträumen würde. Auf jeden Fall wird es entspannter sein, als wenn ich mir einen Krimi im Fernsehen ansehe.

Gott weiß, dass wir Entspannung brauchen. Dass wir Phasen der Erholung nötig haben. Andernfalls können wir niedergeschlagen sein, vielleicht sogar depressiv werden. Ganz eng damit verwoben ist auch unser Bedürfnis nach Anerkennung, dem Gefühl des Angenommen-Seins. Die Liebe kommt hier ins Spiel. Gott erachtet uns Menschen für so wertvoll, dass er locker die Anforderungen an uns auf null zurückschrauben kann. In dem Moment erwartet er also nichts anderes von uns, als dass wir uns entspannen und uns von unserem Tagwerk ausruhen.

Ich finde es beachtenswert, etwas über das Sabbatjahr zu lesen. Können Sie sich vorstellen, dass ein Sabbatjahr ein hohes Maß an Glauben abfordert? Sechs Jahre sollen die Israeliten Säen und Ernten. Doch im 7. Jahr soll nichts gesät werden. Sie essen das, was von selbst wächst. Das bedeutet aber in der Praxis, im 6. Jahr muss ein so immens hoher Ernteertrag werden, damit das 7. Jahr komplett überdauert, ja überlebt, werden kann. Aber nicht genug damit, man braucht ja auch noch im 8. Jahr wieder Saatgut und muss dann noch so lange warten können, bis die Ernte im achten Jahr eingeholt ist. Man braucht also den Glauben und das Vertrauen in Gott von etwa zwei Jahren im Voraus. Nicht ganz so extrem, aber doch beachtenswert verhält es sich auch mit dem Ruhetag. Schaffe ich die Fülle meiner Aufgaben, wenn ich jetzt alles zur Seite lege und mich stattdessen ausruhe? Landwirte, die Christen sind, erleben das hautnah, wenn ausgerechnet an einem Sonntag das schönste Wetter für die Ernte angesagt ist, aber schon am Montag mit starkem Regen zu rechnen ist. Kann man sich in solchen Momenten ausruhen?

Lassen Sie mich noch auf einen kleinen Satz eingehen: „Dreimal im Jahr soll erscheinen vor dem Herrn, dem Herrscher, alles, was männlich ist unter dir (2. Mose 23,17).“ Durch Jesus Christus, den Sohn Gottes kann ich jeden Tag vor dem Herrn erscheinen. Unserem Herrn und Heiland kann ich getrost erklären, dass ich gerade nicht die Kraft habe mich auszuruhen, dass ich tatsächlich Kraft zum Ausruhen brauche. Nein, es kann die Sorge sein, dass ich meinen Pflichten nicht nachkomme, ich mich gegenüber den Anforderungen des Lebens nicht gewachsen fühle. Die Gefahr besteht, in eine ungebremste Rastlosigkeit zu verfallen. Alles kann ich bei unserem Gott abladen. Vielleicht sogar bewusst bei Jesus Christus abladen, um wieder neu das Entspannen und Ausruhen zu lernen. Gott segne Sie in diesem möglichen Kampf zwischen Ausruhen und Rastlosigkeit.

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