/ Bibel heute
Rücksicht auf das Gewissen
Rolf Röhm über 1. Korinther 10,23-11,1.
Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. Niemand suche das Seine, sondern was dem andern dient. Alles, was auf dem Fleischmarkt verkauft wird, das esst, und prüft es nicht um des Gewissens willen.[...]
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein…“ Vermutlich kennen die meisten von ihnen diesen Song von Reinhard Mey. Wer schon einmal geflogen ist, kann das sehr gut nachvollziehen. Wenn die Maschine vom Rollfeld abhebt, immer höher in den Himmel aufsteigt, dann überkommt mich das Gefühl der Freiheit. Dann schaue ich auf den Monitor mit den Flugdaten. Flugroute, Geschwindigkeit, die Außentemperatur minus 50 Grad Celsius, Sauerstoffgehalt gleich null. Spätestens da wird mir klar, ohne die schützende Hülle des Flugzeugs hätte ich keine Überlebenschance. Deshalb nehme ich hier gerne in Kauf, dass meine Freiheit etwas eingeschränkt ist.
Der Apostel Paulus spricht auch von grenzenloser Freiheit. Im Vers 23 heißt es: „Alles ist erlaubt“! Moment mal, viele Menschen denken eher, dass Christsein von Verboten geprägt ist. Dies darfst Du nicht. Darauf solltest/musst Du als Christ verzichten. Sind Christen nicht oft als die Miesepeter verschrien?
Doch hier und an vielen anderen Stellen der Bibel wird deutlich: Gott ist kein Gott der Verbote, sondern ein Gott, der will, dass Leben gelingt. Weil Gott und auch Paulus wissen, dass grenzenlose Freiheit Menschen überfordert, deshalb gibt Gott uns seine Gebote. Stellt Warnschilder und Leitplanken auf, damit uns die Fliehkräfte der "Freiheit" nicht aus der Bahn werfen. Genau aus diesem Grund formuliert der Apostel Paulus den zweiten Halbsatz. „Aber es dient nicht alles zum Guten“. Also doch, wird der eine oder andere jetzt sagen. Hab ich‘s ja gleich geahnt, Christsein schränkt eben doch ein.
Doch halt, bevor Sie alles abhaken, überlegen Sie kurz. Wie süß schmeckt eine Hand voll Kirschen im Herbst, frisch geerntet vom Baum. Lecker, lecker. Wer jedoch davon eine ganze Tüte isst, wird später seine grenzenlose „Freiheit“ wohl mit heftigen Magenschmerzen bezahlen.
Oder: Wie teuer kann sexuelle Freizügigkeit Einzelner für eine Familie werden. Wenn die Treue gebrochen wird und Ehen daran zerbrechen. Kinder darunter leiden.Hier könnte ich Beispiel um Beispiel nennen, wie grenzenlose und rücksichtslose Freiheit Schaden verursacht.
Regel Nr. 1: Alles ist erlaubt – aber nicht alles ist zum Guten
Deshalb greift Paulus den Zusammenhang von grenzenloser Freiheit und Verantwortung auf. „Alles ist erlaubt, - aber nicht alles ist zum Guten,“ und: „Mir ist alles erlaubt, aber nicht alles baut auf“.
Das ist die 1. der 3 biblischen Regeln, die ich in diesem Abschnitt erkenne. „Alles ist erlaubt“ bedeutet nichts anderes, als dass wir aufgefordert werden, biblische Hinweise und Warnungen zu beachten. Damit wir unser Leben wirklich auch in Fülle genießen können. Deshalb bedenken kluge Menschen immer auch die Folgen und Konsequenzen ihres Handelns und richten sich danach.
Folgen Sie mit mir dem Text zu Vers 24. Dieser enthält die Regel Nr. 2: „Niemand sehe auf das Seine, sondern auf das, was dem Andern dient“. Aber hallo, was ist das für eine komische Regel? Diese passt so gar nicht in unsere Zeit, in der Individualismus einen sehr hohen Stellenwert hat, das eigene Wohlergehen immer an erster Stelle steht. Die Regel passt nicht zu einer Gesellschaft, in der der zweite schon als Verlierer gilt. Etwas abgeben, auf etwas verzichten, dem anderen den Vortritt lassen? Das geht doch gar nicht – wo bleibe denn da ich?
Auch hier gilt es genauer hinzuschauen und vielleicht die eigenen Erlebnisse, einfließen zu lassen. Leben wir nicht alle von der Großzügigkeit und dem Verzicht anderer Menschen? Wie viele Mütter und Väter stellen eigene Belange zurück, nur damit ihr Kind es gut hat. Wie viele Sorgennächte verbringen Eltern oder verzichten um der Kinder willen? Und ich selber habe in meinem Berufsleben durchaus auch Chefs erlebt, die mich uneigennützig gefördert und unterstützt haben, denen mein Weiterkommen wichtig war.
Die Goldene Regel Nr.2 sagt nichts anderes, als das: Wo ich die Anderen und meines Nächsten Wohl im Auge habe, wird das Zusammenleben wirklich lebenswerter. Es ist ein Phänomen, dass geteilte Freude doppelte Freude ist und schenkende Liebe nicht arm, sondern reich macht.
Regel Nr. 2: Gönne deinem Nächsten Gutes.
Dann macht Paulus deutlich, was es bedeutet, als Nachfolger Jesu in Freiheit zu leben. Er macht es fest an einer Einladung bei Menschen, die nicht zur Gemeinde gehören und nach wie vor dem alten Götterglauben anhängen. Da gab es Speisen, die zunächst den Göttern geweiht wurden, jedoch in den Familien verzehrt werden konnten. Das war ein großes Problem. Denn wer in der Nachfolge Jesu stand, wollte keinen anderen Göttern dienen. Doch wie sollte man damit umgehen, wenn Freunde noch die alten Bräuche pflegten?
Paulus zeigt hier einen pragmatischen Weg, in dem er sinngemäß eine alte Volksweisheit zitiert: „Was Du nicht weißt, macht dich nicht heiß“. Sein Rat: „Wenn du eingeladen bist und willst die Einladung annehmen, dann gehe hin und genieße alles mit Freuden.“ Seine Begründung dabei: Gott hat alle Speisen geschaffen, dem Menschen zur Ernährung und zum Genuss. Vers 26 „Denn die Erde ist des Herrn und alles was darinnen ist“.
Allerdings verhält es sich anders, wenn du darauf hingewiesen wirst, was sich bei dieser Veranstaltung abspielt. Wenn hier Dinge getan und gefördert werden, von denen Gott gesagt hat, dass sie schädlich, schändlich und/oder gotteslästerlich sind. Dann halte dich fern. Dann gilt es Farbe zu bekennen, Abstand zu nehmen. Nein zu sagen und wegzubleiben. In aller Freiheit aus Ehrfurcht vor Gott auf das Essen oder eine Aktivität zu verzichten. Vielleicht ist das auch eine Gelegenheit, den eigenen Glauben zu bekennen und transparent zu machen.
Spannend finde ich die Begründung: Es geht hier nicht um den Eingeladenen, sondern um den Bruder/die Schwester, die hier wohl ein Problem damit haben, dass Du dich in dieser Gesellschaft und Situation befindest. Deren Glaube, deren Freiheit steht hier auf dem Prüfstand.
Also greift die Regel Nr. 2 aus Vers 24: „Ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auf das, was dem Andern dient.“
Regel Nr. 3: Tut alles zu Gottes Ehre
Ich komme zur Regel Nr.3: In Vers 31 wird uns empfohlen: „Tut alles zu Gottes Ehre“. Hier geht es um unsere Motivation, warum wir etwas tun oder auch in aller Freiheit auf Dinge fröhlich verzichten können. Die Frage, die wir uns immer stellen können, lautet: Gebe ich damit Gott die Ehre? Trägt mein Handeln und Verhalten dazu bei, dass Gemeinde und auch einzelne Menschen dadurch im Glauben gestärkt und gefördert werden?
Paulus weist im letzten Vers darauf hin, wie das gelingen kann, indem er auf Jesus zeigt. Wie kein anderer hat Jesus für die Rettung der Menschen freiwillig auf so vieles verzichtet. Ging sogar den Weg ans Kreuz. Sein Verzicht schenkt uns die Freiheit, die Freiheit der Kinder Gottes. In dieser Freiheit, eben nicht mehr nur auf sich und den eigenen Vorteil bedacht zu sein, sondern auch seinen Nächsten im Auge zu haben, liegt wahre Freiheit. So umhüllt von Gotte Liebe, werden wir zum Segen für diese Welt. Dann erleben wir Freiheit, nicht nur über den Wolken.
Ihr Kommentar
Kommentare (1)
Gott will, daß das Leben gelingt. Darum gibt Gott uns Sein Wort, damit wir nicht verloren gehen. Nicht alles, was Menschen tun, was im Bereich des Möglichen liegt, dient dem Guten. Als Christen sind … mehrwir aufgerufen, das Gute zu tun, dem Bösen zu wehren. Menschliche Freiheit gibt es nur im Kontext der Weisungen Gottes. Eine Freiheit, die die Selbstbestimmung des Menschen postuliert, gibt es nicht. Sie ist nur scheinbar eine Freiheit, in Wahrheit aber ist sie ein menschlicher Irrweg, eine Täuschung. Ohne Gott, ohne Sein Wort, ohne die Bindung an Seine Gebote gibt es keine Freiheit. Denn Freiheit nach biblischer Lehre ist die Freiheit von der Knechtschaft der Sünde. Diese Freiheit aber kann es nicht ohne Gott geben, sondern nur in enger Gemeinschaft mit IHM. Zu einer solchen Gemeinschaft gehört auch eine intakte Moral, d.h. eine Wahrhaftigkeit unseres Lebens. Genau hier erkennen wir heute die große Diskrepanz zwischen christlichem Anspruch und menschlichen Wege. Denn der Individualismus unserer Zeit fordert geradezu das selbstbezogene Streben nach eigenem Wohlergehen. Der Erfolg des eigenen Lebens steht an erster Stelle. Hier hilft auch kein frommer Anstrich von gut gemeinten Worten. Hier hilft nur eine andere Lebenswirklichkeit, die es aber heute leider nicht gibt. Und weltliche Pragmatik gibt es dazu zuhauf. Hier geht es auch nicht um freiwilligen Verzicht. Hier geht es um Liebe in der Wahrheit. Und genau darin ist Jesus uns das unersetzbare Vorbild wahrer Freiheit.