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/ Bibel heute

Lebendige Hoffnung

Jochen Bernhardt über 1. Petrus 1,1-12.

Petrus, Apostel Jesu Christi, an die auserwählten Fremdlinge, die in der Zerstreuung leben, in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Provinz Asia und Bithynien, nach der Vorsehung Gottes, des Vaters, durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden! Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten,[...]

1. Petrus 1,1–12

Der Vertreter der Bausparkasse lachte laut auf: „Nein, Gold können wir dir nicht bieten, aber einen guten Bausparvertrag“. Er saß uns gegenüber und wollte einen Schülerbausparvertrag für unseren damals 15 Jahre alten Sohn abschließen. Der traute dem Ganzen nicht so, anders als seine Eltern, und meinte: „Gold ist doch die bessere Geldanlage“. Wir Erwachsenen lächelten milde über diese doch etwas einfache Vorstellung eines Jugendlichen.

Banal? Wie man es nimmt. Die Feinunze war damals etwas 950 € wert, heute nähert sie sich der 2000-Euro-Grenze. Eine glatte Verdoppelung! Auch wenn ich kein Banker oder Betriebswirtschaftler bin, dieses Urteil traue ich mir: Das Gold braucht den Vergleich mit anderen Geldanlagen nicht zu scheuen. Dass diese wieder andere Vorteile haben, weiß ich auch als Laie…

Nun, auch ein Pfarrer sollte bei seinen Leisten bleiben und keine Anlagetipps geben - hier muss ich schon echte Experten hinzuziehen. Aber: Gold ist wertvoll, das ist heute so, das wird morgen so sein, das war schon in der Antike so, und das weiß auch der Apostel. Aber Vorsicht, sagt er in der biblischen Tradition: Auch das Edelmetall ist letztlich, wie alle Schätze in der Welt, vergänglich -selbst, wenn es, wie es in unserem Bibelabschnitt heute heißt, durchs Feuer geläutert wird und sich dadurch als echt und unverfälscht erweist.

Kostbarer als alles vergängliche Gold ist ein innerer Schatz, von dem wir im Leben und im Sterben zehren, es ist der Glaube. Es glänzet der Christen inwendiges Leben – so drückt es ein bis heute gut bekanntes, gern gesungenes, von Johann Sebastian Bach vertontes Kirchenlied aus. Sein Autor Christian Friedrich Richter war Theologe und Mediziner, der in Halle an der Saale ein wohl wirksames Medikament, eine Tinktur, interessanterweise aus Gold herstellte. Die Franckeschen Stiftungen vertrieben diese erfolgreich im größeren Stil. Aber auch er wusste, was unvergänglich glänzt – es ist das innere Leben der Christen, der Glaube.

Er ist eine starke Kraft, die uns Halt, Sicherheit und Trost gibt, wenn wir traurig sind in mancherlei Anfechtungen. Ein Schatz, eine echte Lebensquelle, eine Ressource, aus der ich schöpfen kann.

Kommen Menschen zu mir in die Seelsorge, dann suche ich mit ihnen nach ihren Ressourcen, die ihnen helfen, ihre gegenwärtige Krise zu überwinden und gestärkt ins Leben zurückzukehren. Jeder Mensch verfügt über Gaben und Fähigkeiten, kann sich an Erfolge im Leben zurückerinnern oder auch an die Kraftmomente, in dem es ihm gelungen ist, Probleme zu überwinden. Das sind die inneren Ressourcen, die mir zur Verfügung stehen.

Wenn ich mir das in Erinnerung rufe, was ich geleistet habe, wie ich Krisen bewältigt habe, was ich kann, dann hilft mir das, wieder nach vorne zu schauen. Und wenn mir dies verbaut ist, wenn ich dies alles nicht mehr zu entdecken vermag, dann hilft mir der Blick von außen, der Partner, der Freund, der Therapeut, die Seelsorgerin, dass ich den verborgenen Ressourcenschatz in mir heben kann.

Ja, es ist auch in der Bewältigung des Lebensalltags immer wieder wichtig, sich seine Ressourcen in Erinnerung zu rufen. Ressourcen erkunden, aktivieren, stärken und erweitern – so lautet ein Buchtitel, der diesen Ansatz gut auf den Punkt bringt.

Der Glaube ist aber weit mehr als eine Ressource, die wir in uns aktivieren können, der Glaube ist ein Geschenk: Ein Geschenk direkt von Gott; er ist es, der uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung. Dazu können wir nichts tun, das wird mir von außen zuteil. Ein Geschenk kostbarer als Gold.

Glaube ist Emotion, ein tragfähiges Lebensgefühl, Glaube ist ein inneres Leuchten im Menschen, Glaube bewegt, motiviert, berührt mich von innen, all dies ist richtig. Glaube hat etwas mit der individuellen Person zu tun, ist subjektiv, zugleich aber ist er ausgerichtet auf ein objektives Geschehen in der Geschichte: Auf die Auferstehung Jesu Christi von den Toten vor 2000 Jahren. Jesus Christus hat durch seinen Tod am Kreuz die Macht der Sünde gebrochen und durch seine Auferstehung den Sieg über die Todesmächte ein für alle Mal errungen. Daran mache ich mich als Christ fest.

Um mein Leben zu bewältigen, um Krisen zu meistern, ist es wichtig, dass ich mir meine Ressourcen vergegenwärtige. Ich weiß aber auch, dass es Phasen gibt im Leben, in denen mir der Blick darauf verstellt ist. Ich weiß, dass meine noch so guten Fähigkeiten und Kompetenzen nicht ausreichen, um mich wieder ins innere Gleichgewicht zu bringen. Das, woran ich mich unverrückbar fest machen kann, das, was mir im Leben und Sterben Halt gibt, meine lebendige Hoffnung ist Jesus Christus, der Auferstandene. Weil er lebt, hoffe ich, weil er lebt, bin ich ruhig und gewiss, weil er lebt, finde ich Stärke in meiner Schwachheit.

Der Seelen Seligkeit, von der der Apostel schreibt, ist genau dies: Glauben zu dürfen, dass mich nichts von Jesus Christus und seiner Liebe trennen kann.

Nichts - nicht meine Niederlagen im Leben, nicht die Gefährdung des Lebens durch Krankheit, Beziehungsabbrüche, Einsamkeit und am Ende auch nicht der Tod. Das darf ich einfach annehmen und mir immer wieder sagen lassen.

Und so lässt mich unser heutige Bibelabschnitt in den Osterjubel einstimmen – kein Jubel, der das Leid dieser Welt ausklammert, der blind ist für Krieg, Hass, Krankheit, für das unermessliche Leid, das Menschen über andere bringen, sondern ein Jubel, der dies seit Karfreitag mitnimmt, zugleich aber weiß, dass das Licht des Ostermorgens die Dunkelheit durchdringen und besiegen wird.

Friedrich von Bodelschwingh dichtete 1938 in einer Zeit, in der in Deutschland die Lichter der Menschlichkeit, der Wahrheit und des Anstandes brutal ausgelöscht wurden, das bewegende Karfreitagslied, das zugleich den Ostersieg mit aufnimmt:

Doch ob tausend Todesnächte liegen über Golgatha,
ob der Hölle Lügenmächte triumphieren fern und nah,
dennoch dringt als Überwinder Christus durch des Sterbens Tor;
und die sonst des Todes Kinder, führt zum Leben er empor.

Ich erinnere mich noch gut an das Gespräch mit einem Freund, der als Internist in einer Klinik gearbeitet hat: „Wie gehst du mit dem Tod um?“, fragte er mich vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen im Krankenhaus, da er wusste, dass ich damals auch einen schweren Verlust zu verarbeiten hatte. Ich habe in etwa geantwortet: „Wenn mir etwas im Kern an meinem Glauben wichtig ist, wenn man vielleicht den ganzen Überbau wegnimmt, das, was ich im Studium gelernt habe, auch alle möglichen theologische Positionen, dann bleibt das für mich übrig: Jesus Christus ist immer an meiner Seite – nichts und niemand, auch mein eigener Unglaube und meine eigenen Zweifel nicht, kann mich aus der Hand Gottes reißen. Ja, er führt zum Leben uns empor. Wie Bodelschwingh es formuliert hat.

Das ist die lebendige Hoffnung, zu der wir wiedergeboren sind - kostbarer als alles Gold, sie lässt mich frei, zuversichtlich und stark durch Leben gehen.

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