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/ Bibel heute

Geheiligtes Leben (2)

Matthias Keilholz über 1. Petrus 1,17-21.

Und da ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person einen jeden richtet nach seinem Werk, so führt euer Leben in Gottesfurcht, solange ihr hier in der Fremde weilt; denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes.[...]

1. Petrus 1,17–21

„Sie kommen aber nicht von hier?“ Meine Sprache hat mich wieder einmal verraten. Es ist der fehlende lokale Dialekt. Und manchmal kommt wohl auch etwas aus meiner Heimat durch – worüber ich selbst staune. So lange bin ich schon weg von meinem Geburtsort. Aber die Färbung der Sprache ist doch nicht völlig verschwunden.

„Sie kommen aber nicht von hier.“ Diese Feststellung ist kein Vorwurf. Meistens ist sie das ehrliche Interesse am anderen. Die Bemerkung ersetzt die direkte und auch neugierige Frage, wo ich denn herstamme. Mein Gegenüber möchte wissen, wo ich als Fremder meine Wurzeln habe. Fremd ist, wer noch nicht lange genug an einem Ort gelebt hat. Das kann schon einmal zwei oder drei Generationen dauern, bis eine Familie nicht mehr als fremd, als zugezogen angesehen wird.

Petrus greift den Begriff auf, mit dem er seinen Brief eröffnet hat: „Petrus an die auserwählten Fremdlinge“, so fing er sein Schreiben an. Und nun sagt er den immer noch Fremden in der Welt, wie sie ihr Leben gestalten sollen.

Wer neu in einen Ort zieht, will in der Regel schnell dazugehören, will ankommen. Dort, wo ich lebe, dort soll auch mein Zuhause sein. Bei Petrus hört sich das anders an. Christen sind Fremdlinge in der Welt. „Führt euer Leben in Gottesfurcht, solange ihr hier in der Fremde weilt“, schreibt er. Seine Anrede „an die auserwählten Fremdlinge“ hat es schon angedeutet und jetzt sagt er es noch einmal. Paul Gerhardt dichtet 1666 das Lied: „Ich bin ein Gast auf Erden“ und schreibt in der 7. Strophe:

„Mein Heimat ist dort droben, da aller Engel Schar den großen Herrscher loben, der alles ganz und gar in seinen Händen träget und für und für erhält, auch alles hebt und leget, wie es ihm wohlgefällt.“

Ein Christ – überhaupt jeder Mensch – ist auf der Erde nur zu Gast, ist ein Durchreisender. Was aber heißt das für das Leben in dieser Welt? Ist es verkehrt, dass wir uns in der Welt einrichten? Dass wir Häuser bauen – auch Häuser für die christliche Gemeinde – und es uns schön machen? Ist es verkehrt, in einer Gemeinschaft ankommen zu wollen und dazu zu gehören? Was ist mit meinem Engagement für Frieden und Gerechtigkeit, für die Umwelt, für die Zukunft unserer Kinder auf dieser Erde – wenn ich doch nur ein Gast bin?

Immerhin heißt es schon am Anfang der Bibel – 1. Buch Mose, Kapitel 2, Vers 15: „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“ Bebauen und Bewahren gehört zum Lebensauftrag aller Menschen.

Entscheidend ist die Haltung, ist das Bewusstsein für meinen Status. Entscheidend ist, dass ich weiß, wo ich zuhause bin. Paulus schreibt im Epheserbrief, Kapitel 2, Vers 19: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ Bei Gott also ist mein Zuhause. Von ihm aus gestalte ich mein Leben auf der Erde – was sichtbare Folgen hat. Und ich lande wieder bei der Beobachtung, die manche Gesprächspartner mir gegenüber machen und formulieren: „Sie sind aber nicht von hier.“ Nur dass es jetzt nicht mehr darum geht, aus welchem Dorf ich stamme.

„Führt euer Leben in Gottesfurcht, solange ihr hier in der Fremde weilt.“ Das ist doch das Grundprogramm, das Neugier weckt. Auf dieses Grundprogramm setzt Jesus selbst: „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“, heißt es im Matthäusevangelium, Kapitel 5, Vers 16.

Und noch deutlicher wird Jesus im Johannesevangelium, Kapitel 13, Vers 35: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Ein Gedanke, den Petrus im nächsten Abschnitt auch anklingen lässt.

Es geht also darum, dass im Leben von Christen ihre Heimat erkennbar wird. Christen sprechen einen Dialekt, der auf Gott hinweist. Ihr Verhalten wird sich an manchen Punkten von dem unterscheiden, was sonst üblich ist, auch wenn menschliches Leben und Verhalten sich überall auf der Welt in weiten Strecken ähnelt. Ein auffälliger Punkt ist gewiss, dass alles in dieser Welt einen vorläufigen Charakter hat. So gebrauchen Christen die Möglichkeiten, die sich ihnen bieten und nutzen sie nach Kräften. Aber sie hängen nicht daran und klammern sich nicht daran fest. Sie sind frei vom „nichtigen Wandel“ – also von einem Leben, das sich an alles hängt, was doch vergänglich ist.

Paulus schreibt im Blick auf die Freiheit im 1. Korintherbrief, Kapitel 7, Vers 29-31: „Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz. Auch sollen die, die Frauen haben, sein, als hätten sie keine; 30 und die weinen, als weinten sie nicht; und die sich freuen, als freuten sie sich nicht; und die kaufen, als behielten sie es nicht; 31 und die diese Welt gebrauchen, als brauchten sie sie nicht. Denn das Wesen dieser Welt vergeht.“

Das eine ist die Freiheit von den vielfältigen, durchaus guten Möglichkeiten auf der Erde. Das andere ist eine fröhliche Freiheit davon. Fröhlich deshalb, weil Gott selbst das Kostbarste, was er hat, für seine Menschen eingesetzt hat. Silber und Gold und andere vergängliche Sicherheiten tragen aus Sicht eines Christen nicht. Es ist Jesus Christus, der seine Menschen aus den Abhängigkeiten befreit. Denn jede irdische Sicherheit ist auch eine vergängliche Abhängigkeit. Was, wenn die Gesundheit doch zusammenbricht? Dann trägt die oft geäußerte falsche Lebensweisheit nicht mehr, die behauptet: „Gesundheit ist doch das Wichtigste.“

Christen sind fröhlich frei von den Bindungen an durchaus gute Errungenschaften. Sind frei von der Sicherheit, die Besitz oder stabile Gesundheit bieten. Sie achten das nicht gering. Aber sie hängen davon nicht ab. Sie gehören zu Gottes neuer Welt. Und das strahlt aus. Ihre Hoffnung setzt auf Gottes Zusagen. Ihre Hoffnung ruht auf der Liebe Gottes, die sich in Jesu Tod unübersehbar gezeigt hat. Ihre Hoffnung ruht auf dem Leben, das Gott selbst bringt – bezeugt und schon sichtbar geworden in der Auferweckung Jesu.

„Sie sind aber nicht von hier.“ „Ja,“ sage ich und lächele. Denn das ist wohl wahr und es ist das schönste Kompliment, das mir ein anderer machen kann. Dann hat meine himmlische Heimat wohl durchgeschienen durch meine irdische Gestalt. Dann habe ich die Sprache gesprochen, die ich von Gott gelernt habe und meine Sehnsucht nach Gott hat den Blick eines anderen auf diese Heimat gelenkt.

Ich bin gerne hier. Aber meine Heimat ist bei Gott, der mehr als alles Silber und Gold der Welt für mich bezahlt hat.

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