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/ Bibel heute

Gebote der Gerechtigkeit und Nächstenliebe

Martin Seltmann über 2. Mose 23,1-9.

Du sollst kein falsches Gerücht verbreiten; du sollst nicht einem Schuldigen Beistand leisten, indem du als Zeuge Gewalt deckst. Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen und nicht so antworten vor Gericht, dass du der Menge nachgibst und vom Rechten abweichst. Du sollst den Geringen nicht begünstigen in seiner Sache.[...]

2. Mose 23,1–9

Ich bin fasziniert. Ein Ausschnitt aus dem Gesetz des Mose, aus den über 600 Ge- und Verboten, die wir im Alten Testament finden ... Aber wie aktuell sind diese Gebote, die vor ca. 4000 Jahren erlassen wurden! Sie sprechen laut und eindringlich in unsere heutige Zeit hinein.

Nein, es sind nicht die sehr bekannten und vertrauten 10 Gebote. In meiner Lutherbibel steht als Überschrift über diesen Abschnitt: „Gebote der Gerechtigkeit und Nächstenliebe“. Vielleicht sollten diese Gebote noch mehr zu Ehren kommen. Sie hätten es verdient, eine ähnliche Beachtung zu erhalten, wie die 10 Gebote!

Ich finde in unserem heutigen Abschnitt acht Gebote:

  1. „Du sollst kein falsches Gerücht verbreiten, keinem Schuldigen Beistand leisten und kein falscher Zeuge sein.“

Ich komme vom Dorf. Und im Dorf gibt es manche Redensarten, die auch wir Dorfbewohner gern weitergeben, z.B.: „Wenn sich im Unterdorf einer den Arm gebrochen hat, ist er im Oberdorf bereits gestorben.“ Dass schon Menschen totgesagt wurden, die dann doch noch lebten, kann ich tatsächlich bezeugen. Da ist man schlussendlich erleichtert …

Aber leider gehen manchmal auch Gerüchte um, werden ungeprüft weitererzählt, die einen Menschen in ein schlechtes Licht stellen. Ich denke an die rasant schnelle Verbreitung von falschen Gerüchten im Internet, in den sozialen Medien. „fake news“ oder auch das massive Herausstellen und „Herumhacken“ auf einer Schwäche irgendeines Prominenten. Bei all dem sollten wir nicht mitmachen.

Einem Schuldigen keinen Beistand leisten! Hier ist sicher nicht der Rechtsanwalt gemeint, der einen Angeschuldigten zu vertreten hat. Hier geht es eher darum, einen Schuldigen zu unterstützen und seine Tat zu decken. Das falsche Zeugnis, die Falschaussage – gerade vor Gericht – ist immer wieder ein Thema in der Bibel. Nicht zuletzt ist auch Jesus durch falsche Aussagen zum Tode verurteilt worden.

  1. „Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen!“

Hier wird eindringlich gewarnt davor, dass wir mit der Menge mitschwimmen und auch Böses gutheißen, weil es eben die Mehrheit so will. Christen, die ihren Glauben ernst nehmen, befinden sich eigentlich meistens in einer Minderheitssituation und schwimmen gegen den Strom der Menge. Ich denke an die Herrschaften des Faschismus und Kommunismus in unserem Land im 20. Jahrhundert. Die ältere Generation erinnert sich an eigene Erfahrungen. Und auch heute ist die Mehrheit nicht immer auf der Seite des Guten. Manche Entscheidungen, die mit Mehrheit getroffen werden, sind Entscheidungen zum Bösen, z.B. dort, wo der Schutz des Lebens nicht ausreichend beachtet wird.

Natürlich werden in einer Demokratie Mehrheitsentscheidungen getroffen, und Politiker müssen Mehrheiten suchen, um regieren zu können. Das ist okay. Aber Christen haben auch das Wächteramt, besonders in dem Fall, wenn die Mehrheit vom Recht abweicht.

  1. „Du sollst den Geringen nicht begünstigen in seiner Sache.“

Interessant ist hier, dass auch Geringe nicht vorgezogen werden sollen. Gleiches Recht für alle, sagt das göttliche Gebot. Das schließt nicht aus, den Geringen und Armen auf anderem Wege zu unterstützen, wie es auch in der Bibel an vielen Stellen angeregt wird.

  1. Der Umgang mit Rind und Esel des Feindes!

Es ist beeindruckend, dass auch Ansätze der Feindesliebe schon im Alten Testament zu finden sind. Die Nutztiere gehörten in der Nomadengesellschaft zum wertvollsten Besitz. „Du sollst die Tiere deines Feindes ihm wieder zurückführen. Und wenn das Nutztier deines Feindes unter seiner Last zusammengebrochen ist, dann geh nicht weiter, sondern hilf, zusammen mit deinem Feind, dem Tier wieder auf.“

Was wäre das, wenn diese Haltung zum Feind auch heute wieder in der Kriegsführung beachtet würde. Es ist erschütternd und grausam, was in der Ukraine, in Israel und in vielen anderen Teilen der Welt geschieht. Wenn wenigstens die Kriegsgefangenen, die unschuldigen Geiseln dem Feind zurückgegeben würden, und seine Zivilisten und Kranken geschont würden! Davon scheinen wir heute weit entfernt zu sein, von diesem fairen Umgang mit dem Feind, der hier beschrieben wird.

  1. „Du sollst das Recht deines Armen nicht beugen in seiner Sache.“

Jetzt kommt das Gegenstück zum 3. Gebot dieses Abschnittes: Der Arme kann sich oft keinen guten Rechtsanwalt leisten. Er wird übervorteilt und versinkt noch mehr in Armut. Heute wird auch in Deutschland festgestellt, dass die Einkommensschiene immer weiter auseinandergeht. Vielleicht geht alles formal ganz legal zu, aber doch ist es Unrecht vor Gott.

  1. „Halte dich fern von einer Sache, bei der Lüge im Spiel ist.“

Heute ist es oft schwer zu unterscheiden, was ist Wahrheit und was sind „fake news“. Da brauche ich ganz besonders die Gabe der Weisheit und Geistunterscheidung, manchmal aber auch einfach gesunden Menschenverstand und ein gutes Urteilsvermögen von Gottes Wort her.

  1. „Du sollst dich nicht durch Geschenke bestechen lassen!“

Leider ist das Thema Bestechlichkeit außerordentlich aktuell. Gegen Bundestagsabgeordnete wird ermittelt und ihre Büros werden durchsucht. Im Raum steht der Vorwurf der Bestechlichkeit zum Schaden unseres Landes. Doch Geschenke zu diesem Zweck, sagt die Bibel, machen die Sehenden blind. Genau dies können wir heute immer wieder erleben.

  1. „Die Fremdlinge sollt ihr nicht unterdrücken, denn ihr wisst, wie es ist; ihr wart selbst Fremdlinge, Flüchtlinge, eine unterdrückte Minderheit in Ägypten.“

Das Thema beschäftigt heute viele Menschen am meisten: Der Umgang mit Geflüchteten! Damit verbindet sich auch Sorge: Welche Auswirkungen hat das für die Stabilität unseres Landes, wenn es zu viele werden …?

Genau diese Erfahrung machten die Israeliten als Geflüchtete und ihre Nachkommen in Ägypten. Die Ägypter hatten Sorge, dass die Flüchtlinge zu viele werden (auch durch die Geburtenrate!), und dass sie am Ende die Herrschaft übernehmen. Deshalb setzte ihre harte Unterdrückung ein. Aber vor Gott war es Unrecht. Unbeschadet von notwendigen Regeln der Einwanderung werden wir immer wieder aufgerufen, die Fremdlinge, die Geflüchteten, nicht zu diskriminieren oder zu unterdrücken.

Acht Gebote der Gerechtigkeit und Nächstenliebe – hochaktuell! Es lohnt sich, sie zu lernen und zu verinnerlichen – gerade heute.

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