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Die Zeichenforderung der Pharisäer

Lothar Kuhnke über Matthäus 16,1–12.

Vorschaubild: Matthäus 16

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Matthäus 16

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Ich kann mich noch gut an das Jahr 1976 erinnern. Damals sind meine Frau und ich, jung verheiratet, mit meinen Schwiegereltern in die damalige DDR gefahren, um Verwandte zu besuchen. Damals war die Grenze noch geschlossen. Und hüben und drüben standen Zollbeamte. Die von diesseits der Grenze haben mir keine gedanklichen Probleme bereitet. Aber vor denen von drüben hatte ich immer einen Riesen-Respekt. Als wir an der Grenze ankamen und „drüben“ an dem Zollgebäude waren, kam ein Beamter heraus und sagte: „Ihre Papiere bitte!“ Wir haben unsere Ausweise herausgereicht. Er verschwand dann im Dienstgebäude. Und er blieb dort sehr lange. Ich dachte: „Wenn jetzt ein anderer kommt und fragt danach, wer du bist, und will deinen Ausweis sehen, dann hast du nichts in der Hand, was du vorweisen kannst. Dann bist du ein Niemand. Ein Nichts. Dann kannst du nicht nachweisen, dass du Lothar Kuhnke bist.“ Das Entscheidende hätte mir gefehlt, nämlich meine Ausweispapiere. Die Frage nach dem Ausweis klärt alles. „Wer bist du?“ „Wer sind Sie?“

Von den Pharisäern und Sadduzäern wird die Identitätsfrage gestellt. Nämlich die Frage: „Wer bist du, Jesus?“

Die Frage nach der Identität Jesu ist an und für sich eine berechtigte Frage. Ich weiß nicht, ob diese Frage schon einmal in Ihnen hochgekommen ist oder ob Sie diese Frage: „Wer bist du, Jesus“, gar nicht mehr stellen. Diese Frage könnte zum Beispiel in Menschen hochkommen, die suchen. Die nach Wahrheit und Klarheit suchen. Die wohl gehört haben: „Da ist irgendwo einer, der soll angeblich am Kreuz für meine Sünden gestorben sein. Der soll angeblich das Grundproblem meines Lebens gelöst haben. Er soll ‚Jesus‘ heißen, aber ich kenne ihn nicht.“ - „Wer bist du, Jesus? Bist du wirklich der Retter, der Befreier, der Erlöser auch für mich, für mein Leben?“

Oder da ist jemand, der in einem ganz großen, dicken Problem steckt. Und er betet und er erlebt, dass dieses Problem gelöst wird. Wo man gedacht hat: Da kann keine Lösung mehr kommen, ist plötzlich eine Lösung da. Und es scheint so gewaltig, so übermächtig zu sein, dass die Person nur noch dasteht und fragt: „Wer bist du, Jesus?“

Fragen dieser Art sind völlig legitim. Aber so ganz anders kommt die Frage der Pharisäer und Sadduzäer daher. Ein Zeichen wollen sie haben. Anders gesagt: „Weise dich aus, Jesus! Zeig was du kannst! Tu ein Zeichen, damit wir dir glauben können! Beweise deine Identität! Gib uns ein Zeichen, das unwiderlegbar ist!“ Ein Zeichen vom Himmel wollen sie haben. Haben die Pharisäer und Sadduzäer damit sagen wollen, dass die Wunder Jesu nicht vom Himmel, also von Gott, sondern von der Gegenseite, also vom Teufel sind?

Im Matthäusevangelium, Kapitel 12 sagen sie es ganz unverblümt. Sie bringen einen Besessenen zu Jesus, der blind und stumm ist, und Jesus heilt ihn. Die Pharisäer, die das mitbekommen, haben nichts Besseres zu tun, als zu sagen: „Er treibt die bösen Geister nicht anders aus als durch Beelzebub, ihren Obersten.“ Aber Jesus lässt sich nicht provozieren. Er sagt: „Das Aussehen des Himmels könnt ihr beurteilen, aber die Zeichen der Zeit versteht ihr nicht? Könnt ihr nicht verstehen, dass mit mir die Zeit des Heils angebrochen ist?“

 Johannes, der Täufer, ist im Gefängnis. Und er wird von Zweifeln geplagt, ob Jesus denn wirklich der verheißene Messias ist. Deshalb schickt er zu Jesus und lässt fragen: „Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Und Jesus antwortet: „Geht und sagt Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert (Matth. 11,1-6).“ Die Zeichen, der Ausweis, dass Jesus  der von Gott Gesandte ist, liegen vor aller Augen offen. Wenn sie wollen, können sie darin Jesus erkennen. Aber sie wollen nicht, weil sie merken: Das rüttelt an unserem Status. Das ändert unser Leben und unser Ansehen, weil wir eigentlich in unserer Theologie nicht dem entsprechen, wie Gott sich das vorgestellt hat. Es geht ihnen nicht um die Wahrheit, es geht ihnen nicht um Jesus, es geht ihnen um den Status Quo, wie es nun mal ist. Sie wollen nicht. Und damit ist für Jesus die Diskussion beendet. Und dann setzt Jesus noch eins drauf und sagt: „Doch, ein Zeichen wird euch gegeben.“ Und wenn Jesus im Passiv spricht, dann will er damit ausdrücken, dass Gott etwas tun wird. „Ein Zeichen wird euch gegeben.“ Und das bedeutet: Gott gibt euch tatsächlich ein Zeichen, nämlich das Zeichen des Jona. Genauso, wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Innern der Erde sein. Aber dann muss ihn die Erde auch wieder hergeben. Der Tod kann ihn nicht halten.

Wir wissen inzwischen ja, was die Hörer damals nicht wissen konnten. Jesus redet von seinem Gang ans Kreuz, von seinem bitteren Tod und von seiner glorreichen Auferstehung. Weil Jesus den Preis bezahlt hat für jede noch so große, noch so schlimme, noch so oft wiederholte, noch so hartnäckige und peinigende Schuld, darum sagt uns das Zeichen des Jona: Umkehr ist möglich. Umkehr ist willkommen. Das Zeichen des Jona sagt: Jesus wartet!

Zu seinen Jüngern gewandt sagt Jesus: „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer.“ Und sie assoziieren sofort: „Sauerteig – aha, wir haben kein Brot!“ Die Jünger erfassen die Warnung Jesu zunächst nicht. Sie können die geistlichen Zusammenhänge nicht sehen. Jesus aber meint: Viel schlimmer als wenig zu essen zu haben, ist, dass ihr unterwandert werdet von der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer und ihr nehmt es gar nicht wahr.

Sauerteig an sich ist wertneutral. Aber Jesus geht es hier um die Wirkkraft. Ein bisschen Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig. Ein bisschen von der falschen Lehre und es setzt ein Gärungsprozess ein, sodass falsche Lehre zu relativer Wahrheit wird. Jesus warnt hier nicht vor allgemeinweltlichen Einflüssen, sondern er warnt vor der negativen Prägung durch die scheinbar Oberfrommen. Sie sind verstrickt in fromme Gesetzeserfüllung, ohne dass es zur Herzenssache wird. Aber das, was wir tun, soll dazu dienen, dass die Qualität unserer Beziehung zu Jesus zunimmt.

Jesus wird dann noch einmal auf die Identitätsfrage zu sprechen kommen: „Was sagen die Leute, … was sagt ihr, dass ich sei?“ Wie lautet Ihre Antwort?

Und wenn Sie Gott gewissermaßen nach seinem Ausweis fragen, ob denn unter „Besondere Kennzeichen“ auch „Liebe“ steht – dann gibt es nur ein einziges ultimatives Zeichen, nur einen einzigen unübertrefflichen Beweis, nur eine einzige wirklich tragende Antwort von Gott: „Schau auf meinen Sohn! Vergegenwärtige dir, was ich durch ihn für dich und was ER für dich getan hat. Schau auf das Kreuz. Schau dir seine Auferstehung an. Und dann sei ganz gewiss: Gegen allen anderen Augenschein – Jesus ist mein Gottessohn und dein Retter. Dieser Jesus ist der untrügliche Beweis meiner Macht über den Tod und meiner großen Liebe und Barmherzigkeit dir gegenüber.

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