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/ Bibel heute

Die Herrlichkeit des Wortes Gottes (5)

Damaris Hecker über Psalm 119,33-40.

Zeige mir, HERR, den Weg deiner Gebote, dass ich sie bewahre bis ans Ende. Unterweise mich, dass ich bewahre dein Gesetz und es halte von ganzem Herzen. Führe mich auf dem Steig deiner Gebote; denn ich habe Gefallen daran.[...]

Psalm 119,33–40

Ich setze mich an den Bildschirm. Ich erwarte eine Nachricht, eine wichtige Information. Mein elektronischer Schlüssel ist ein Code. Ich tippe die Kombination aus Buchstaben, Zahlen und Zeichen ein. Das Programm öffnet sich nicht. Was lese ich da? „Passwort vergessen?“ Ich tippe erneut ein und ärgerlich stelle ich fest, ich komme nicht weiter. Ich buchstabiere: „Passwort neu erstellen“. Ich bin froh, dass das möglich ist. Ich nutze diese Chance und überlege mir ein neues Passwort. Diesmal baue ich eine Eselsbrücke. Einen Satz kann ich mir besser merken als eine Kombination aus Buchstaben. Ich entscheide mich für das Sprichwort: Der Weg ist das Ziel. Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Worte bilden nun mein neues Passwort. DWiZ. Die Zahl 88 fällt mir ein und ich verbinde sie mit dem Spruch egal wie 88. Für das egal setze ich einen Schrägstrich und ein Ausrufezeichen. /88! Das Handy unterbricht mich… Am anderen Ende meldet sich eine unbekannte Frauenstimme recht undeutlich und ich bitte sie, den Namen zu buchstabieren.

Schwerhörige wie ich sind mit Zahlen und Namen oft überfordert. Das deutsche Buchstabieralphabet hilft mir aus der Patsche. Ich höre T wie Tübingen, O wie Offenbach, R wie Rostock, A wie Aachen. Ich schreibe mit: TORA! Erleichtert bedanke ich mich für ihre freundliche Hilfe beim Verstehen. Ich sinne nach. Buchstaben, Zahlen und Zeichen bilden gemeinsam den Schlüssel zur Kommunikation. Erstaunlicherweise nicht nur im digitalen Bereich. Ich liebe es, in einem Buch zu blättern und mit meinen Händen Seiten umzuschlagen. Handfeste Kommunikation.

In der Bibel blättern und ansprechende Texte finden, gehört zu meinen Hobbies. Jahrtausendealte ursprünglich mündliche überlieferte Gedichte sind im Buch der Psalmen schriftlich festgehalten. Von Generation zu Generation weitergegeben und bis heute überdauert! 150 Lieder wurden im Laufe von 500 Jahren gesammelt. Gesungen im Tempel zu Jerusalem und anderswo in Israel. Betend wurden diese Texte gesungen. Gott wird direkt angesprochen in dem Wissen, dass er hört. Gott hat dieses besondere Vorrecht speziell dem israelischen Volk gewährt. Er wählte. Am Anfang der Bibel finde ich den Bericht darüber. Aus der Familie Abrahams hat sich ein großes Volk entwickelt. Der Anführer Mose wurde „Freund Gottes“ genannt. Gott sprach mit ihm auf Augenhöhe. In Hörweite. Akustisch wahrnehmbar. Mose sollte schriftlich festhalten, wie der theokratische Staat Israel juristisch gestaltet werden soll.

5 Bücher wurden daraus: die TORA: T wie Tübingen, O wie Offenbach, R wie Rostock, A wie Aachen. 4 Buchstaben. An diese Grundlage war jedes Mitglied des israelischen Volkes gebunden. Die TORA berichtet von den Anfängen der Schöpfung über den Sündenfall bis zur Entstehung des Volkes Israel. Die 10 Gebote drücken aus, wie die Vorstellungen Gottes für ein gelingendes Zusammenleben seiner Menschen sind. Individuelles und gemeinschaftliches Leben ist schützenswert durch Regeln. Wie genau Gott über Verhältnisse vor Ort Bescheid weiß, zeigt sich in den konkreten Lebensregeln, die er seinem Volk vorgibt. Mit der Befolgung verknüpft sind sein Segen, sein Schutz und seine Gegenwart. Das durfte nicht in Vergessenheit geraten. In Israel und anderswo.

In Versform und mit Melodie ist das einfacher. Psalm 119 ist der längste der 150 Psalmen und ist alphabetisch geordnet. Die Ordnung beruht auf dem hebräischen Alphabet. 8 Verse bilden eine Strophe. Sie alle beginnen mit demselben Buchstaben. Die 22 Strophen stellen das gesamte Alphabet dar. Der gesamte Text spricht über die TORA, das geschriebene Wort Gottes. In den unterschiedlichsten Facetten stellt der Psalm die Bedeutung des Wortes Gottes dar. Von A bis Z sind Bilder und Zeichen eingeflochten. So entsteht ein kunstvolles Gerüst für den umfassenden Inhalt. Der längste Psalm mit 176 Versen ist unvergesslich geworden. In alten deutschen Bibeln findet man die Überschrift: Das goldene ABC.

2012 ist eine neue Übersetzung der Psalmen erschienen: die Deutsche Bibelgesellschaft hat die BASIS BIBEL herausgegeben. Psalm 119 sticht heraus als Alphabet Psalm. Die hebräischen Buchstaben vor jedem Vers sind abgebildet und die Aufteilung der Strophen ist ersichtlich. Die vierte Strophe beginnt mit dem hebräischen He. Es finden sich symbolische Bilder wie Weg und Steg. Damit sind Gebote, Ordnungen, Gesetze und Mahnungen versinnbildlicht. Der Beter wünscht sich, dass Gott ihm den Weg zeigt, ihn unterweist, ihn führt. „Neige mein Herz zu deinen Mahnungen“ ist seine Bitte. Er möchte Gottes Wort bewahren und einhalten von ganzem Herzen bis ans Ende. „Deine Ordnungen sind gut.“ sagt er zu seinem Gott. Er drückt aus, dass Habsucht eine schlechte Neigung ist, deshalb betet er: „Neige mein Herz zu deinen Mahnungen.“ Er sieht eine Gefahr darin, nach unnützer Lehre zu sehen, deshalb bittet er „Wende meine Augen ab….“ Das verdeutlicht, dass die Hilfe Gottes nötig ist, um auf seinem Weg zu bleiben.

Vermutlich betet hier ein junger jüdischer Mensch in einer schwierigen Lebensphase. „Erquicke mich“ ist das tiefe Bedürfnis, was an Gott gerichtet formuliert ist. „Erfülle dein Wort.“ ist die Bitte aus dem Mund eines Knechtes, der sich seinem Herrn unterwirft und ihn fürchtet. „Ich begehre deine Befehle“ sprechen aus einem Herzen, das diese gehorsam umsetzen wird. Gefallen an Gottes Geboten drückt sich hier aus. Unterordnung im Vertrauen. Heilsame Autorität.

Meine Gedanken wandern weiter… Manchmal finde ich keine Worte mehr. Besonders in Zeiten der Krise. Formulierte Gebete helfen mir, mit Gott in Kontakt zu kommen. Das jüdische Volk ist durch Höhen und Tiefen gegangen. Das Volk Gottes hat Gebete formuliert, die aus diesen Lebenssituationen heraus entstanden sind. Ehrlich, ursprünglich. Sie zeigen mir die Haltung, die auch ich einnehmen kann. Geben mir Worte, wo ich keine mehr finde. Da finde ich Bilder, Zeichen und Symbole, die für sich und für mich sprechen, ohne dass ich etwas sagen muss. Gedanklich mache ich einen Sprung. Seit der Entstehung der TORA und der Psalmen ist der Weg Gottes mit den Menschen weitergegangen. Das Wort Gottes  wurde von vielen Beteiligten fortgeschrieben bis zum letzten Buch der Bibel. Ich habe es schriftlich, was er gesagt hat, von A bis Z. Darüber kann ich mit Gott ins Gespräch kommen.

Mein Mail-Programm hat sich geöffnet. Dank des neuen Codes, den ich eingegeben habe. Ich lese den Gruß einer Freundin: „Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen.“ Psalm 37,5 Das passt so genau in meine konkrete Lebenssituation und ermutigt mich sehr. Ich lese weiter: „Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken Luft und Winden gibt Wege Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.“ Ich werde erinnert an Paul Gerhardt. Ein Dichter während des 30-jährigen Krieges. Ihm war dieser Vers an sein Herz gewachsen. Er hat aus jedem dieser Worte ein Gedicht gemacht und für seine persönliche Situation gedeutet. 12 Strophen beginnen jeweils mit den Worten des Psalmbeters. Im evangelischen Gesangbuch findet sich dieser Text als Lied und es ist eines meiner Lieblingslieder. Ich summe es heute immer mal wieder vor mich hin. Wenn das keine Eselsbrücke ist…

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