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/ Bibel heute

Die Botschaft von Jesu Auferstehung

Christian Oelke über Markus 16,1-8.

Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?[...]

Markus 16,1–8

Wer schon einmal das Privileg hatte, an Ostern in Jerusalem zu sein, der hört rund um die Stätte der Auferstehung Jesu einen frohen Ausruf: Christos Voskres und die Antwort Voistinu voskres. Auf Deutsch sagen wir: „Der Herr ist auferstanden“ und die Antwort lautet „Er ist wahrhaftig auferstanden“. Die Freude, die sich mit jeder Wiederholung umso mehr ausbreitet, ist beeindruckend. Wann diese Freude bei den drei Frauen, von denen uns das Markus-Evangelium berichtet, voll und ganz um sich gegriffen hat, wird uns nicht berichtet. Stattdessen erzählt uns der Text sogar zweimal, dass sie von Furcht ergriffen wurden – einmal, als sie den Jüngling mit leuchtenden Kleidern in der Grabkammer sitzen sehen und einmal, als sie sich auf den Weg zurück machen. Es muss ein wahres Wechselbad der Gefühle gewesen sein. Schließlich waren sie voller Erwartungen, als Jesus, der jüdische Messias, eine Woche zuvor erwartungsvoll in der Heiligen Stadt ankam. Freudenrufe – „Gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn.“ Dann kommt Spannung auf, als er die Widerstreiter im Tempel überführt, vielleicht auch ein bisschen Triumph. Zu den feierlichen Vorbereitungen des Passahfests waren sie sicher gut beschäftigt. Aber mit der Kreuzigung kam der große Schlag, der ihnen alle Hoffnung nahm. Was fällt den Menschen ein, ihn abzuweisen, ihn ans Kreuz zu hängen und zu ermorden? Aber auch die Enttäuschung darüber, dass er wohl doch nicht der erwartete Messias gewesen ist. Für mich klingt das – gelinde ausgedrückt – nach einer sehr intensiven Woche. Nun machen sie sich auf, am Ausgang des Schabbats, am Samstagabend, wenn die Geschäfte öffnen und die Menschen eine belebte Geschäftigkeit ereilt. Sie nehmen Geld in die Hand und erwerben kostbare Öle, um Jesus die letzte Ehre zu erweisen – Messias hin oder her. Schließlich haben sie viel Zeit miteinander verbracht, gegessen, gelacht, geweint. Das Einbalsamieren gehört sich nicht nur so, es ist auch wichtig, um Abschied zu nehmen. Außerdem kommt man so dem Verwesungsgeruch voraus. Den Mut, den die Frauen aufgebracht haben, zum Grab eines Verurteilten zu gehen, – dass laut dem Matthäus-Evangelium auch noch von den Römischen Besatzern bewacht wurde –, diesen Mut kann ich nur bewundern. So stark war ihr Drang, Jesu Leib diesen letzten Dienst zu erweisen. Sie gehen auf Hoffnung hin, denn allein hätten sie den großen runden Grabstein, wie er sich vor dem Grab des reichen Joseph von Arimathäa gehört, nicht bewegen können. Sie gehen auf Hoffnung hin, denn es ist eben wichtig, den ersten Schritt im Vertrauen zu gehen, dass man – oder in dem Fall Frau – ans Ziel kommt. Vor Ort finden sie alles vorbereitet: Das Grab ist offen, die Soldaten sind schon längst verschwunden und der Weg ist frei. Dass allein ist schon Grund zum Staunen, aber was sie im Grab vorfinden, übersteigt alle menschliche Vorstellungskraft. Ein junger Mann in leuchtender Kleidung spricht sie an, als ob er schon längst auf sie gewartet hätte. Vielleicht hat er es auch. Dieses lebendige Licht hat in der Dunkelheit der kalten Grabkammer sofortige Wirkung. Aber die Frauen können es nicht einordnen und beginnen sich zu fürchten. „Fürchtet euch nicht. Ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten.“ Bis hierhin könnte man sich noch erklären, wie der Fremde darauf kommt, aber dann sagt er noch mehr: „Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Seht euch das Lager an, auf das sie ihn gelegt haben.“ Das Wechselbad der Gefühle, das die Frauen bisher durchgemacht haben, wird noch einmal über sie ausgegossen, nun aber andersherum: Jesus ist zwar gekreuzigt, aber er ist nicht mehr tot. Er ist nicht einmal mehr hier. Alles ist wieder offen, die Karten werden neu gemischt. Bevor die Frauen realisieren können, was das bedeutet, bevor sie sich Rechenschaft über ihre Gefühle und Gedanken ablegen können, schickt sie der Jüngling mit einer Aufforderung fort: „Geht zu den Jüngern und zu Petrus und berichtet ihnen, dass Jesus ihnen nach Galiläa vorausgeht; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.“ Mich fasziniert die Trockenheit und Abgeklärtheit, mit der ich diese Worte lesen kann. Der namentlich nicht genannte junge Mann im Himmelskleid verliert kein Wort zu viel, keine Erklärung. Kein Äh oder Oh. Eigentlich – so könnte man anfügen – eigentlich wisst ihr schon alles, macht es nur genauso, wie er es schon gesagt hat. Das Wichtigste sagt der junge Mann zu Beginn: Fürchtet euch nicht. Er weiß anscheinend genau, wie die Szene auf die drei Freundinnen wirkt. Fürchtet euch nicht, und damit auch genug, denn die Karten sind neu gemischt. Macht euch auf den Weg, es gibt viel zu tun. Es ist Zeit, die Furcht in Freude zu verwandeln und die Enttäuschung zu Vertrauen zu erneuern. Macht euch auf den Weg zum Anfang, dahin, wo ihr von ihm berufen worden seid. Da, wo der erste Glaube in euer Leben gesät wurde, da werdet ihr ihn auch wieder sehen.

Dass sie sich nun zitternd und furchtvoll auf den Weg machen, ist gut verständlich. Schließlich wird ihr gesamtes Weltbild auf den Kopf gestellt – in wenigen Tagen zum wiederholten Mal, nun aber endgültig. „Sie sagten niemandem etwas“, heißt es im Markusevangelium. Es lässt sich so verstehen, dass sie schnurstracks den Weg zu den Jüngern wählen und alle Bekannten auf dem Weg links liegen lassen. Was für ein Moment – ist das echt, kann das sein? Was sich heute viele fragen, durchdringt die Frauen in diesem Augenblick sicher zutiefst. Wäre es nicht wahr, wäre diese Botschaft niemals zu den Jüngern, zu Petrus oder zu uns durchgekommen. Und dass die Evangelien gerade von Frauen berichten, denen als erstes die Auferstehung Jesu ins Herz geschrieben wird, ist sicher kein Zufall. Ihre Aussagen hatten rein rechtlich gesehen damals keinen Wert, aber sie sind es, denen die Botschaft des Evangeliums als ersten anvertraut wird. Von ihnen und ihrem weltverändernden Erlebnis möchte ich drei Dinge in meinen Alltag mitnehmen. Erstens: Glauben heißt Jesus zu ehren, auch wenn ich im Wechselbad der Gefühle nicht verstehe, was vor sich geht. Auch wenn es so anders scheint, als ich es mir erträumt hatte. Das Stichwort heißt dennoch – dennoch Jesus ehren. Zweitens: Glauben heißt mutig diesen Schritt zu gehen. Natürlich kenne auch ich – wie die drei Frauen – Angst und Unsicherheit, Furcht. Dass sie das überwinden, ermutigt mich. Drittens: Glauben heißt, dem Wunder der Auferstehung zu begegnen, zu staunen über das, was Gott bewirken kann und bewirkt hat. Es stehen zu lassen und mich von ihm zum Ursprung und Anfang meiner Begegnung mit ihm zurückrufen zu lassen, zu der ersten Osterfreude und dem Staunen, dass Jesu Wirken in der Welt echt ist und seine Liebe uns heute immer noch gilt.

Eins ist klar, irgendwann wurde die Furcht durch Freude ersetzt. Und als das geschah, hat der österliche Freudenruf die Heilige Stadt, Jerusalem, zum ersten Mal erfüllt. Möge das auch heute der Fall sein, Licht in der Dunkelheit und Hoffnung in der Welt – der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.

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