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/ Bibel heute

Das neue Gottesvolk (1)

Gerhard Feilmeier über 1. Petrus 1,22-2,3.

Habt ihr eure Seelen gereinigt im Gehorsam der Wahrheit zu ungeheuchelter Bruderliebe, so habt euch untereinander beständig lieb aus reinem Herzen. Denn ihr seid wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da bleibt. Denn »alles Fleisch ist wie Gras und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen;[...]

1. Petrus 1,22–2,3

Es ist immer etwas ganz Besonderes, wenn Menschen aus der Vergangenheit berichten. Ja, besonders dann, wenn diese Vergangenheit Ereignisse umfasst und beschreibt, die Sie ganz persönlich miterlebt haben.

Was wäre unsere Welt, wenn die Erinnerungen und Berichte von früher verloren gingen. Das Wissen um hinter uns liegende Geschehnisse ist und bleibt wichtig, weil darin viele Erfahrungen und Kenntnisse von Menschen enthalten sind, die uns heute und auch in Zukunft helfen, unser Leben und unsere Umwelt besser zu verstehen.

Von einem solchen Menschen, einem Zeitzeugen, hören und lesen wir heute. Denn der Text im 1. Petrusbrief entstammt einem der Männer, der in unmittelbarer Nähe von Gottes Sohn, von Jesus Christus, gelebt hatte. Er war mit dem Sohn Gottes unterwegs gewesen. Er hatte ihn reden gehört und auch handeln gesehen. Als einer der Ersten war er an dessen Seite gewesen, weil er den Worten Jesu, ihm nachzufolgen, gefolgt war. Wie viele Begegnungen hatte er hautnah miterlebt.

Manchmal waren ihm die Geschehnisse nicht wirklich klar gewesen und geworden. Und die Ereignisse rund um Jesus hatten sich ja auch so entwickelt, dass man davon glatt überrollt werden konnte. Und ab und zu war es dann auch passiert, dass Petrus nicht in der Lage war, seinem Herrn so treu zu sein und zu ihm zu halten, wie er vorher von sich selbst angenommen und erwartet hatte. Bei einem heftigen Sturm auf dem See Genezareth überstand Petrus seinen Wagemut oder vielleicht auch Übermut, übers Wasser zu gehen, durch das Eingreifen seines Herrn. Kurz vor Jesu Verurteilung war er unfähig, lediglich seine Verbundenheit zu Jesus zu bestätigen.

Ja, an der Seite von Jesus hat er tiefe und prägende Erfahrungen gemacht, die ihn im Vertrauen und Wachstum im Glauben sein ganzes weiteres Leben lang getragen haben. Er hatte nach und nach immer tiefer begriffen und verstanden, was ihm am Anfang noch schleierhaft gewesen war. Sein Glaube und sein Gottvertrauen waren gereift und gewachsen. Jesus hatte ihn immer ernst genommen und ihn so behandelt, dass seine Motivation, ein Nachfolger und Botschafter Jesu zu werden und zu sein, ihn mehr und mehr zu der Persönlichkeit werden ließ, die Jesus selbst für ihn vorausgesehen hatte.

Wir erfahren in seinem Brief, wie wichtig Petrus die Ernsthaftigkeit und Klarheit des Glaubens und der Nachfolge von Jesus wurden. Petrus führt uns in den heutigen Versen die Kurzlebigkeit und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens vor Augen und er verwendet dazu das Bild von Gras und Blume und deren kurzer Blütezeit. Und er möchte uns damit zeigen:

Wenn euer Leben nicht dem gleichen schnellen Zerfall unterlegen bleiben soll, dann müsst ihr etwas unternehmen. Etwas unternehmen, damit mit dem Tod, dem niemand ausweichen kann, nicht alles vorbei ist, sondern dass Gott, der Schöpfer allen Lebens, derjenige ist, der diesen Zerfall von Mensch und Blume, von Geschöpf und Schöpfung, beenden und überwinden kann. Für diesen Tatbestand hat Gott alles unternommen. Alles, sogar seinen eigenen Sohn geopfert, damit unsere Vergänglichkeit, unser Tod überwunden wird, überwunden wird zu ewigem Leben.

Dass das in Jesus Christus Realität wurde, dafür steht auch Petrus als Zeuge für uns da und er lebt in und aus dieser Gewissheit, ein gerettetes und erlöstes Kind Gottes zu sein. Mitten in einer Welt, die mit Zerrissenheit, Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit zu tun hat. In einer Welt, in der viele schreckliche Dinge durch Menschen geschehen. Das war zu Zeiten von Petrus so und heute erleben wir die gleiche Intensität von Unmenschlichkeit, die sich bei näherer Betrachtung häufig nur durch den Einfluss gottesferner Mächte erklären lassen.

Und darum spricht uns Petrus zu: Wir dürfen uns ganz getrost dem anvertrauen, der alles getan hat und tut, damit wir Menschen ihn als Schöpfer und auch als Retter erleben. Gott selbst.

Petrus hat persönlich erlebt, dass es nichts Erfüllenderes und Faszinierenderes geben kann, als an Gottes Sohn zu glauben und auf sein Wort und seine Stimme zu hören. Und Petrus weiß ganz genau, dass ein Leben mit Jesus an der Seite, ja auch mit Jesus im Herzen, nicht immer leicht und bequem sein kann. Doch nichts hätte ihn von seiner Nachfolge an Jesus abbringen können und so ist er bemüht, seine Adressaten und damit auch uns heute zu ermuntern, die Gemeinschaft untereinander und die Beziehung zu Gott nicht dem Zufall zu überlassen.

Wenn er davon spricht, dass wir uns von dem distanzieren sollen, was wir mit Eigensucht oder eigenem Vorteil verbinden könnten, dann möchte er von ganzem Herzen, dass im Mittelpunkt unseres Lebens der Wunsch nach einem von Gott geleiteten und begleiteten Weg stehen möge. Und wie schnell kann es geschehen, dass wir einem anderen schaden und ihn oder sie als Konkurrenz sehen, anstatt als Ergänzung und Gegenüber auf Augenhöhe.

Petrus selber kennt die Punkte, die jeweils im ganz persönlichen Leben eines Menschen die Gefahr in sich bergen, an Gottes Stimme vorbei zu leben. Er wirbt dafür, dass wir unseren Kontakt zu Gott durch Gebet und eine von uns selbst gewollte Beziehung zu Ihm mehr wünschen als alles andere auf der Welt. Es ist ein hoher Anspruch, den Petrus für uns Christen beschreibt. Ein Anspruch auf ein Leben, dessen Auswirkungen und Handeln wir kaum aus eigener Kraft bewältigen können.

Petrus begann schon bald nach dem Weggehen von Jesus Christus in den Himmel zu seinem Vater damit, den Menschen den notwendigen Weg der Buße und Umkehr hin zu Gott aufzuzeigen und sich davon freizumachen, dass wir etwas leisten oder verdienen müssen. Er hat auch für sich selbst manche Einstellung hinterfragen und abändern müssen.

Und so bleibt er auch in diesem Brief seiner Absicht treu, für ein von Gott geführtes und von Gottes Gedanken und Geist ausgehendes menschliches Miteinander zu werben. Ja, diesen Umgang zu Gott und die Wertschätzung zu anderen Menschen zu verinnerlichen und auch nach außen sichtbar werden zu lassen. Dabei sieht er den gläubigen Menschen, jeden einzelnen, auf einem Weg der Veränderung. Diese Veränderung muss eben nicht krampfhaft und verbissen aus menschlicher Kraft angestrebt werden. Nein, diese Veränderung darf aus Gottes Geist und aus Gottes Wort heraus geschehen. 

Aus vielen Stationen seines Lebensweges heraus hat Petrus erfahren, dass die zunehmende Hinwendung zu Gott zu einer Lebensweise führt, die wir mit Heiligung wohl am besten beschreiben können. Und dann, wenn Gott der Hintergrund für diese Lebensweise ist, erscheint sie auch nicht mehr so abgehoben. Sie wird zur Realität unseres Lebens. Und sie ist der feste Halt für alles, was uns im Leben begegnen wird. Sie darf sich entfalten und sie schenkt uns Freude und Kraft, all´ das, was wir für unser tägliches Leben benötigen.

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