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/ Wort zum Tag

Abschied nehmen ist immer ein Stück Sterben

Hartmut Bärend über Johannes 14,1.

Jesus spricht: Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!

Johannes 14,1

„Abschied nehmen ist immer ein Stück Sterben“, - dieses aus dem Französischen kommende Sprichwort hat mir meine Mutter vor vielen Jahren auf einer Postkarte geschrieben, als es für mich um den Abschied von meinem geliebten Studienort Heidelberg ging. Ja, das stimmt wirklich: Das Abschiednehmen tut weh und weist darauf hin, dass die vielen kleinen Abschiede im Leben schon den großen Abschied vorbereiten, der uns allen bevorsteht. Mit dem Thema „Abschied“ gehen wir ja sehr unterschiedlich um: Menschen wie ich, die in der Kindheit durch die Kriegseinflüsse viel verloren haben, tun sich besonders schwer damit. Andere nehmen es leichter. Und was sagen wir einander, wenn es um den Abschied geht? „Auf Wiedersehen“ ist so eine Floskel, die die Hoffnung belässt, dass es ein Wiedersehen gibt, auch wenn vielleicht vieles dagegenspricht. „Adieu“, sagen andere und wissen oft gar nicht, was sie damit sagen: Denn „adieu“ heißt eigentlich „Gott befohlen“ oder „Gott bleibe bei dir“. „Ade“ und „Tschüss“ haben die gleiche Bedeutung.

Auch in der Bibel geht es immer wieder um Abschiede. Besonders hart muss es die Jünger Jesu getroffen haben, als Jesus ihnen erklärte, dass er sie verlassen und zu seinem Vater im Himmel zurückgehen müsse. Und weil es so war, widmete Jesus ihnen im Johannesevangelium eine lange sehr seelsorgerliche Rede, die mit einem Gebet für seine Jünger endete.

Das große Thema „Abschied“ nimmt Jesus sehr ernst. Er weiß, wie es Menschen zumute ist, die verlassen werden und sich neu orientieren müssen. Er weiß um die Ängste, die dabei entstehen, vor allem dann, wenn der, der geht, bis dahin eine prägende Rolle gespielt hat. Er weiß, wie es uns geht, wenn vertraute Gewohnheiten aufgegeben werden müssen, wenn eingespielte und gut funktionierende Lebensformen aufgebrochen werden, wenn bisher verlässliche Partner plötzlich untreu werden, sowohl im persönlichen wie auch im politischen Bereich. Er weiß, wie es uns geht, wenn der Kinderglaube zerbricht und wenn in die Gemeinde Strömungen einziehen, die bisher nicht für möglich gehalten wurden. All das weiß er, und all das hat mit Abschied zu tun. Vertrautes geht verloren, Neues wirkt fremd und unwirtlich.

Was sagt Jesus in einer solchen Situation zu seinen Jüngern? In seiner großen Rede im Johannesevangelium zu diesem Thema fällt ein Satz besonders auf. In Johannes 14, Vers 1 sagt Jesus: „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Er lädt zu einem Perspektivwechsel ein. Er weiß, dass es den Jüngern regelrecht kalt geworden ist bei dem Gedanken, Jesus könne sie verlassen. Genau da setzt er ein und bittet sie, dem Erschrecken, der Angst um die eigene Zukunft nicht den Raum zu geben, den sie ihm gegeben haben. Und wie soll das geschehen? Indem sie nicht mehr auf sich schauen, sondern auf ihn, Jesus, und seinen Vater im Himmel. „Glaubt an Gott und glaubt an mich“, ruft er den verängstigten Jüngern zu. Mit Glauben meint Jesus: Ihr könnt weiter mit mir rechnen, es geht nur darum, dass Ihr mich weiter in Anspruch nehmt, auch wenn ich räumlich nicht mehr da bin.

Ich erinnere mich an eine Begegnung mit meinem Bruder, vor vielen Jahren in der Universitätsstadt Münster in einem Restaurant. Ich hatte dicke Probleme, die auch mit Fragen des Abschieds zu tun hatten. Während wir sprachen, sackte mir der Kopf immer wieder auf die Tischplatte. Mein Bruder fasste dann regelmäßig unter mein Kinn und zog meinen Kopf wieder nach oben. Er wollte mir sagen, dass es noch eine andere Perspektive gibt. Der Blick nach oben sollte mir den Himmel öffnen, den Blick auf Jesus.

So versuche ich mit den Abschieden ähnlich umzugehen, wie es mir mein Bruder sozusagen symbolisch gezeigt hat. Das fällt nicht immer leicht, aber es wirkt. Und wenn ich mich von Menschen verabschiede, am Telefon oder auch persönlich, dann sage ich gern: „Bleib behütet!“ Das ist mir lieber als das „Tschüss“, das zwar dasselbe sagt, aber für die meisten zur nichtssagenden Floskel geworden ist.

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