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Entfremdung

/ Wochenration / Lesezeit: ~ 2 min

Entfremdung

Auf der Suche danach, wie Gott wirklich ist.

Als ich mich mit 16 entschieden habe, Christ zu werden, war alles für mich ganz neu: Dieses Gefühl, dass es einen Gott gibt, und dass er real ist. Dass er mich sieht, liebt, und dass er einen Haufen gute Ideen für mich, mein Leben und überhaupt die ganze Welt hat. Ich war bereit für all das und ich wollte das volle Programm: Andere Menschen sollten diese Liebe auch erleben. Ich wollte Wunder sehen und all die Dinge, die in der Bibel eben so passieren. Ich wollte Veränderung.

Im Rückblick würde ich aber auch sagen, dass ich viele Dinge als sehr schwarz-weiß empfunden habe: Wenn ich nur richtig und viel bete, wenn ich viel Zeit in Gemeinde und christliche Events investiere, wenn ich aufhöre, die „falschen“ Dinge zu tun, dann handelt Gott. Dann macht er die Dinge gut, greift ein und verändert sie. Christen passieren keine schlimmen Sachen und falls doch, haben sie vielleicht einfach nicht richtig und gut genug gebetet.

Das Gottesbild hinterfragen

Ich habe oft Dinge gesagt und getan, von denen ich wusste, dass andere sie als richtig und christlich erachten, und weil es mir ein gutes Gefühl gegeben hat. Irgendwann bekam mein Bild vom Christsein und von Gott erste Risse: Als ein guter Freund eine schwere Depression bekam, die sich nicht „wegbeten“ ließ. Als ich zum Studium in eine andere Stadt zog und mehr und mehr Menschen kennenlernte, die mit verschiedensten Problemen kämpften, sodass „einfach mal schnell beten“ nicht reichte.

Während des Studiums habe ich angefangen, viele meiner Ansichten zu hinterfragen, sodass irgendwann für mich klar war: Leben mit Gott ist nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe. Mein Bild von Gott passt nicht mehr, und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, weiß ich gar nicht, wieviel Gott überhaupt in meinem Bild von ihm steckt.

Und hier stehe ich jetzt also – inmitten eines Haufens aus Komplexität und Fragen, die sich in den letzten Jahren angesammelt haben.

Auf der Suche nach dem wahren Kern Gottes

Ich glaube, dass ich vieles nicht weiß. Und ich habe keine Lust mehr, Dinge zu sagen, nur weil andere mich dann für eine gute Christin halten. Da sind noch viele Fragen, Zweifel und Unverständnis – aber da ist auch das „große, trotzige Trotzdem“, wie Jelena Herder, eine befreundete Musikerin, immer sagt.

Der Gott, den ich bisher wirklich kennengelernt habe, hat kein Problem damit, hinterfragt zu werden, und trotzdem in alldem da zu sein. Er hat mehr als genug Platz dafür. Ich weiß auch, dass ich trotzdem eine Nähe und Geborgenheit bei Gott erlebt habe und erlebe, die es sonst nirgendwo gibt. Deswegen möchte ich weiter unterwegs bleiben, auf der Suche nach dem wahren Kern von Gott, ganz ohne das schicke, religiöse Beiwerk aus Regeln, Ritualen und Verhaltensweisen.

Dieser Text von Jasmin Brückner wurde ursprünglich auf keineinsamerbaum.org veröffentlicht.  

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