04.10.2019 / Wort zum Tag

Zugewandt

Paulus schreibt: Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne.

2. Korinther 12,9

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In der Kirchengemeinde, zu der meine Tochter und ihre Familie gehören, wurde auch in diesem Jahr in den Sommerferien ein Kinder Sommerlager veranstaltet. Ein Zeltlager für Kinder im Alter von 8 – 12 Jahren.

Und weil meine Tochter und ihr Mann im Sommerlager mitgearbeitet haben, musste auch unsere Enkelin mit ins Zeltlager. Die Kleine ist erst zwei Jahre alt, und das Ganze war für sie ein faszinierendes und total aufregendes Abenteuer.

Aber um die Kleine nicht zu überfordern, haben ihre Großeltern sie immer wieder einmal abgeholt. Dann war einfach Ruhe angesagt, Bilderbücher anschauen, malen und bei Oma und Opa übernachten. So fuhren auch meine Frau und ich an einem Nachmittag in das Sommerlager, um die Enkelin abzuholen. Als sie uns entdeckte, stürmte sie über die Wiese und hielt ihren verbundenen Arm in die Höhe. Sie erklärte uns, ganz aufgeregt und mit großen Augen, in denen sich immer noch Entsetzen spiegelte, dass eine Wespe sie gestochen habe. Mama und Papa hatten ihr eine Zwiebelscheibe auf den Stich gelegt und mit einem Verband festgebunden.

Und wir, wir haben sie getröstet, die erschreckende Geschichte immer wieder angehört und den Verband genau inspiziert. Dann, am Abend vor dem Schlafengehen, wurde der Verband behutsam entfernt, die Zwiebel entsorgt und eine Salbe auf den Stich aufgetragen. Die Fürsorge ihrer Eltern und Großeltern machte die Kleine stark, ihr schreckliches Erlebnis zu verarbeiten.

Im 2. Korintherbrief, Kapitel 12, Vers 9b schreibt der Apostel Paulus: „Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne.“

Die Korinther meinten, an Paulus gäbe es viel zu kritisieren. Er trat wohl nicht als kraftvoller Redner auf, der alle Zuhörer in seinen Bann zog. Er war wohl keine strahlende Persönlichkeit, der alle Aufmerksamkeit sicher war, wenn sie einen Raum betrat. Schwach sei Paulus, kritisierten die Korinther. Und deshalb gibt er ihnen Einblicke in seine Erlebnisse und seine ganz persönlichen Gotteserfahrungen. So schreibt er unter anderem von einer Erkrankung, die ihn beständig quält und dass er Jesus drei Mal gebeten hat, ihn zu heilen. Aber Jesus hat ihn nicht geheilt. Er hat ihm eine Zusage gegeben: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2.Kor. 12, 9a)

Jesus wendet sich liebevoll, fürsorglich und ohne Vorbedingungen uns Menschen zu. Das ist seine Gnade. Das tröstet und stärkt in jeder Belastung. Was immer an unseren Kräften zehrt, was uns niederdrückt oder gar quält, die erste Stärkung liegt in der Zuwendung Jesu. Selbst wenn eine Belastung nicht überwunden werden kann, die Kraft Jesu steht dagegen und macht uns mitten in unseren Schwächen stark. „Deshalb“, so schreibt Paulus, „trage ich meine Schwäche gern, weil dann Christus seine Kraft an mir erweisen kann.“

Für unsere kleine Enkelin wurde unsere liebevolle Zuwendung zu einer Stärkung in ihrem Erschrecken über den Wespenstich.

Unbegreiflich kraftvoller ist Jesus in seiner Zuwendung zu uns. Welche Last sie auch immer an diesem Tag tragen müssen, Jesu Kraft steht dagegen. Trauen Sie seiner liebevollen Zuwendung. Er wird sie stärken. Sie werden Ihre Last tragen können und, wenn er es will, sie auch überwinden.

Autor/-in: Pastor Wolfgang Ortmann