31.12.2021 / Wort zum Tag

Worauf ist Verlass?

Erbarmt euch derer, die zweifeln.

Judas 22

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Nach einem folgenreichen Sturz kommt die verunglückte Frau nur schwer wieder auf die Beine. Im Krankenbett sagt sie: Wäre ich doch dabei gestorben, dann müsste ich mich jetzt nicht so quälen. Darauf warf ich ein, dass der liebe Gott wohl noch etwas mit ihr vorhabe. Und sie meinte, dann müsse er sich aber anstrengen und einiges besser machen.

Hier hatte sich verständlicherweise der Zweifel eingeschlichen, dass Gott es nicht wirklich gut mit ihr meine. Und ich begrüßte es, als sie es so offen aussprach.

Denn je klarer ich mich meinen Zweifeln stelle, desto besser kann ich mich mit ihnen auseinandersetzen.

Zweifel gehören zum Leben und zum Glauben. Die Musikgruppe „Die Prinzen“ singen in einem ihrer neuen Lieder: „Manche glauben, dass die Welt sich gegen sie verschwört, manche meinen, dass die Wahrheit doch nur ihnen gehört“.

Viele Menschen sind verunsichert, so dass sie nicht wissen, was sie noch glauben sollen angesichts widersprüchlicher Meldungen und Meinungen.

Und Zweifel kennt auch ein gläubiger Mensch. Christen sind manchmal darüber verunsichert, was in der Bibel wie zu glauben ist. Zweifel schleichen sich in Kopf und Herz. Schicksalsschläge können das Vertrauen in Gottes Güte erschüttern, wie bei der Frau im Krankenbett.

Nun fordert uns der heutige Lehrtext der Herrnhuter Losungen auf: „Erbarmt euch derer, die zweifeln.“ Dieser Satz steht in einem kleinen Buch in der Bibel, einem Brief namens Judas.

Zweifel ist kein Makel, sondern eine menschliche Reaktion auf Gedanken oder Erlebnisse, die einen stark beschäftigen. Und da hilft keine Verurteilung, sondern nur Verständnis und Entgegenkommen.

So hat es Jesus gemacht. Als die Jünger Thomas erzählen, Jesus sei auferstanden und ihnen erschienen, finde ich seine Reaktion sehr verständlich: „Solange ich ihn nicht selbst gesehen und berührt habe, werde ich das nicht glauben.“

Und wie geht Jesus damit um? Eine Woche später erscheint er ein weiteres Mal den Jüngern und Thomas ist dabei. Er schaut Thomas an. Kein vorwurfsvoller Blick. Er macht ihm keine Vorhaltungen, sondern geht auf die Bedingungen von Thomas ein und spricht eine Einladung aus. Komm zu mir, schau mich an, fass mich an, ich bin es. So erbarmt sich Jesus über den zweifelnden Thomas. Und dieser rückt ab von seinen Bedingungen. Prüft nicht weiter die Echtheit, sondern bekennt überwältigt von Jesu Gegenwart: „Mein Herr und mein Gott.“

So findet Thomas wieder in die Glaubensspur. Jesus selbst hat durch seine Art Thomas wieder anschlussfähig gemacht und seine Zweifel überwunden.

Bei allen Zweifeln im Leben und im Glauben geht es letztlich um die Frage: Worauf kann ich mich verlassen? Und auch an der Schwelle zu einem neuen Jahr stellt sich die Frage: Worauf wird Verlass sein in der Zukunft?

Verlass ist darauf, dass Gott uns nicht verlässt, dass er auch in Zeiten des Zweifels und der Unsicherheiten bei uns ist und bleibt. Er der, der barmherzig ist und treu.

Autor/-in: Günter-Helmrich Lotz