22.10.2021 / Andacht

Wie die Pandemie das Leben leichter macht

Corona hat Schwierigkeiten gebracht – aber nicht nur!

„Ich habe gelernt, mit dem zufrieden zu sein, was ich habe“, schreibt Paulus im Brief an die Gemeinde in Philippi. „Ob ich nun wenig oder viel habe, ich habe gelernt, mit jeder Situation fertig zu werden: Ich kann einen vollen oder leeren Magen haben, Überfluss erleben oder Mangel leiden. Denn alles ist mir möglich durch Christus, der mir die Kraft gibt, die ich brauche“ (Philipper 4,11-13).

Paulus hätte die Pandemie genommen, wie sie gekommen wäre. So, wie er auch anderen Widrigkeiten in seinem Leben begegnet ist: Mit einer gewissen Schicksalsergebenheit – manchmal lassen sich die Umstände nicht ändern – aber mit noch mehr Gelassenheit durch Gottvertrauen. Die Umstände mögen kräftezehrend sein. Paulus weiß dennoch, woher er die Kraft beziehen kann, um auch schwierige Zeiten durchzustehen.

Vieles während der vergangenen anderthalb Jahre war schwierig. Jeder hat die Unannehmlichkeiten und auch die realen Gefahren der Pandemie in irgendeiner Weise selbst erlebt. Viel Gewohntes und Dinge, die selbstverständlich erschienen, sind zumindest phasenweise weggebrochen. Regelmäßiger Schulunterricht? Besuche im Altenheim oder Krankenhaus? Treffen mit Freunden? Einkaufen, was und wo man will? Alles Fehlanzeige.

Und doch hat das Wegfallen von so viel Gewohntem manche Dinge auch einfacher gemacht:

1. Ich muss nicht mehr überall sein

Im ganzen Land waren die Büroschreibtische verwaist. Selbst auf den Straßen war es zeitweise leerer als sonst. Viele Vorgesetzte haben erst mit den Zähnen geknirscht, als sie ihren Mitarbeitern das mobile Arbeiten von zu Hause gestatten mussten. Dann stellte sich überraschend heraus: Es geht ja! Es müssen gar nicht alle stur von 9 bis 17 Uhr in ihren Büros hocken.

Die Leute arbeiten trotzdem, zeitlich und örtlich flexibel. Die digitalen Hilfsmittel machen sogar viele aufwändige Dienstreisen überflüssig, weil Absprachen per Video getroffen werden können. Wir klammern uns nicht mehr an Orten fest, weil wir gelernt haben, die Möglichkeiten neuer Räume zu nutzen.

2. Es muss nicht alles perfekt sein

Wie mache ich meine Radioaufnahmen von zu Hause aus? Wie erzeuge ich in einem hallenden Raum mit meinem Tischmikrofon den gewohnten Studioklang? Die Antwort: Gar nicht! Bald wurde es mir zu lästig, mich mitsamt Mikro und Laptop des besseren Klangs wegen am Esstisch unter einer Wolldecke zu verkriechen. In der gebückten Haltung konnte ich außerdem nicht vernünftig sprechen. Stattdessen werfe ich jetzt das künstliche Schaffell aus dem Kinderzimmer meiner Tochter über das Mikro und ignoriere die tickende Uhr an der Wohnzimmerwand. Es geht auch so.

Während ich zu Hause meine Beiträge produziere, mache ich Abstriche bei der Tonqualität. Es hat sich noch kein Hörer beschwert. Ich gebe unter diesen Umständen mein Bestes und das reicht. Diese Gelassenheit gegenüber dem Perfektionswahn tut übrigens sehr gut.

3. Ich muss nicht auf allen Hochzeiten tanzen

Viele Freunde und Bekannte haben es mir bestätigt: Was für eine Erleichterung, nicht dauernd irgendwelche Ausreden erfinden zu müssen, weil ich zu dieser oder jener Veranstaltung nicht kommen möchte! Insbesondere in sich gekehrtere Menschen haben von der freien Zeit an Abenden und Wochenenden profitiert, weil der Druck raus war, sich überall sehen lassen zu müssen.

Auch ich überlege mir nun bewusster: Gönne ich mir dieses oder jenes Treffen oder nutze ich die Zeit lieber, um meine Batterien wieder aufzuladen? Ich muss nicht auf jeder Hochzeit tanzen. Ich will es auch gar nicht.

Eine neue Gelassenheit

Die Pandemie hat viele Gewohnheiten gebrochen und uns zu neuen Handlungsweisen gezwungen. Das war nicht grundsätzlich schlecht. Sie hat dazu bewegt, Gewohnheiten zu hinterfragen und neu zu bewerten. Sie war ein Anstoß zu Veränderung. In manchen Dingen hat sie mir auch meine Ohnmacht vor Augen geführt: Ich habe nicht alles in der Hand.

Manches muss ich so hinnehmen, wie es kommt, und das Beste daraus machen. Ich verlasse meinen gewohnten Handlungsort und betrete gleichzeitig einen neuen Raum, in dem nicht mehr meine Gesetze gelten. Oder, wie Paulus es formuliert: Denn alles ist mir möglich durch Christus, der mir die Kraft gibt, die ich brauche.

Autor/-in: Katrin Faludi

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