03.07.2022 / Wort zum Tag

„Wes das Herz voll ist … “

Kommt her, höret zu alle, die ihr Gott fürchtet; ich will erzählen, was er an mir getan hat.

Psalm 66,16

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Sicher kennen Sie den Satz: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ Gemeint ist mit diesem Jesuswort aus dem Lukasevangelium, Kapitel 6, dass irgendein Mensch so bewegt ist von einem Gedanken oder Erlebnis, dass er unbedingt und sofort darüber berichten muss.

Ähnlich ergeht es demjenigen, der das im Psalm 66 formuliert hat: „Kommt her, höret zu alle, die ihr Gott fürchtet; ich will erzählen, was er an mir getan hat.“ Inhaltlich geht es um ein von Gott erhörtes Gebet. – Hinter ihm liegt eine leidvolle Geschichte: Gefängnis, Feindschaft, Feuer und Wasser haben ihn bedroht. Doch er blieb bewahrt. Dafür will er nun Gott mit reichlichen Brandopfern danken. Anschließend ist sein Herz vom Eingreifen Gottes noch so erfüllt, dass er es nicht für sich behalten kann.

Welche Situation müssen wir uns vorstellen? Aller Wahrscheinlichkeit nach besucht er mit anderen gemeinsam einen Gottesdienst (13). Ihnen muss er mitteilen, wie Gott sein Gebet erhört hat. Diese Gebetserhörung gewinnt damit eine soziale Bestimmung: Sie verbindet den einen Gläubigen mit den vielen anderen an seiner Seite. Nun können seine Zuhörer praktizieren, was der Apostel Paulus viel später Christen im Römerbrief (12,15) ans Herz legt: „Freut euch mit den Fröhlichen“. 

Überraschend bleibt, wie dieser Psalmbeter sein Publikum anspricht: „Alle, die ihr Gott fürchtet“. Steht dahinter die Erfahrung, dass wer nicht mit Gott lebt, eine persönliche Gebetserhörung gewissermaßen „von außen“ kaum nachvollziehen kann? Vielleicht hält er sie auch nur für einen Zufall.

Andererseits steht außer Frage: Jemand, der schon mehrfach eigene Gebetserhörungen erlebt hat, wird das von Gott erhörte Gebet anderer Christen besser verstehen und einordnen können. 

Alle, die Gott fürchten, sollen erfahren, was dieser Beter erlebt hat. – Was ist eigentlich Gottesfurcht? Keinesfalls ist sie einer dumpfen Angst oder Sorge vergleichbar, die klein macht oder einschüchtert. Gottesfurcht beinhaltet als innere Haltung unseres Herzens zuerst Ehrfurcht vor der Heiligkeit Gottes und Respekt vor seinen Geboten. Mit ihr verehren wir Gott. Sie gehört zum Fundament unsers Glaubens. Sie lebt unter dem Schirm von Gottes unbegreiflicher Liebe, nimmt aber auch seine Abscheu gegenüber aller Sünde ernst und blendet sein Gericht nicht aus.

Gottesfurcht orientiert sich gerne an Gottes Wort und gibt ihm Raum im Alltag. Deshalb heißt es im Buch Prediger „Fürchte Gott und achte auf seine Gebote!“ (12,13). - Und in den Sprüchen, die sich im Alten Testament finden, wird Gottesfurcht sogar als „Anfang der Erkenntnis“ gerühmt. 

Auch das Neue Testament kennt Gottesfurcht. Etwa als Petrus in einem Verhör gelassen ausspricht: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“. Also z. B. wenn staatliche Machthaber sündhaftes Tun einfordern. Gottesfurcht schließt dementsprechend in bestimmten Grenzfällen den Mut zum Widerstand ganz bewusst ein.

Und worin besteht das Zusammenspiel zwischen Gottesfurcht und unserem Gebet?

Gottesfurcht vertraut im Gebet auf Gottes Eingreifen. Sie ringt im Gespräch mit Gott um die Führung Gottes in allen Alltagsfragen. Und sie ist von der Gewissheit getragen, dass wenn nicht geschieht, was wir erbeten haben, doch gerade das geschieht, was aus himmlischer Sicht vorteilhafter für uns ist. „Gelobt sei Gott, der unser Gebet nicht verwirft.“ (Psalm 66,20)

Autor/-in: Matthias Dreßler