01.07.2022 / Wort zum Tag

Wem vertraue ich?

Jesus wandte sich um und sah die Frau und sprach: Sei getrost, meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Und die Frau wurde gesund zu derselben Stunde.

Matthäus 9,22

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Die beste Krankheit taugt nichts! Ich habe neulich Corona gehabt. Ist das eine gute oder schlechte Krankheit? Sicher, es gibt schlimmere Krankheiten, aber eigentlich reicht mir das, was ich gehabt habe. Der Trost „Schlimmer geht immer“ hilft mir nur bedingt. Ich suche mir bei einer Krankheit immer einen Trost, etwas, was mir hilft und mich etwas aufbaut. Aber ich wünsche mir doch am meisten, geheilt zu werden, die Krankheit loszuwerden.

Wenn ich im Krankenhaus liege, sind mein Trost vielleicht die guten Ärzte, die das richtige tun. Die gute Pflege, die meine Genesung fördert. Kurzgefasst: Auf irgendetwas muss ich in dieser Situation vertrauen, sonst brauche ich gar nicht erst ins Krankenhaus gehen. Ich will ja Heilung und Genesung.

Wie in der Geschichte in der Bibel: Eine Frau war jahrelang krank. Sie hatte ein Frauenleiden, wie es heute heißt. Sie hatte bereits etliche Ärzte um Hilfe ersucht und etliche Therapien gemacht – aber alles half nichts. Ihr Geld für diese Maßnahmen war aufgebraucht, zudem war sie sozial isoliert.

Das klingt wie: „Alles umsonst gewesen“. Ich kürze diese Geschichte ab, Sie können ja selbst die Einzelheiten nachlesen, sie steht im Matthäusevangelium, Kapitel 9, 20-22.

Jedenfalls hört die Frau von Jesus, der in der Stadt war und dort predigte und Menschen heilte. Heimlich schlich sie sich an ihn heran, mit dem Gedanken: „Wenn ich nur seine Kleider berühren könnte – ich würde gesund werden“!

Wie kann jemand so naiv denken? Wie soll das geschehen? Meine Zweifel würden sich sofort melden.

Sie berührt seinen Mantel – und es geschieht das von mir als Leser unerwartete, aber von der Frau sehnlichst gewünschte – sie wird wieder gesund. Jesus spricht ihr Mut zu. Es war richtig, was Du getan hast. „Dein Vertrauen hat Dich geheilt“! Er sagt nicht. „Ich habe Dich geheilt“ oder „Gott hat Dich geheilt“! Nein, er sagt: „Dein Vertrauen hat Dich geheilt“! Das Vertrauen oder der Glaube, den die Frau in Jesus gesetzt hatte, dass er sich ihrer annehmen würde und sie heilen würde.

Wem vertrauen Sie in solch einer Situation? Den Ärzten, dem Glück, dem Geld, ihrer körperlichen Verfassung, auf Medikamente und Behandlungsmethoden? Diese Frau erlebte, dass weder Ärzte noch Geld noch Behandlungsmethoden ihr geholfen haben. Das war ernüchternd. Mancher würde resignieren und sich in sein Schicksal „unheilbar“ ergeben. Verlust des Lebensmutes und Depression wären die Folgen. Aber nicht so bei dieser Frau. Während ihrer Leidenszeit ist offenbar in ihr ein Vertrauen gewachsen, das über alle diese ergebnislosen Hilfen und Behandlungen hinausragte.

Ein Vertrauen, dass sich entgegen aller Hoffnungslosigkeit herausbildete. Ein Vertrauen, das über ihre überschaubare Lebenssituation hinausging. Ein Vertrauen, das auch über das irdische Denken und Wahrnehmen hinausging. Ein Vertrauen, das entgegen allem Verhaftet- sein in die gegenwärtige Lebensrealität über diese hinausging. Ein unbeirrbares Vertrauen, das letztlich über alle Zweifel und Einschränkungen hinaus nur auf ein Ziel gerichtet war: Auf Gott selbst, seine Menschenfreundlichkeit und seine unbegrenzte Fähigkeit zu helfen. Das Leiden, so schlimm es auch war: Es hat ihr die Augen geöffnet für den lebendigen Gott. Ihm zu vertrauen und mit ihm zu rechnen. Sie wurde nicht enttäuscht.

„Vertrauen schenken“ heißt es in unserer Sprache. Es geschieht immer freiwillig und ist eine ganz persönliche Sache – aber auch ein Wagnis. Ziehe ich mein Vertrauen wieder zurück, wenn ich nicht bekommen habe, was ich mir gewünscht habe? Oder ist Vertrauen mehr? Vertrauen in den Gott, der es gut meint mit mir, egal wie meine Sache ausgeht?

Vor diese Frage werde ich im Leben manchmal gestellt. Wie entscheide ich mich?

Autor/-in: Werner Karch