20.07.2010 / Buchrezi

„Was bin ich wert?“

Haben Sie heute schon gelacht? Wenn ja, sind Sie auf dem besten Wege, Millionär zu werden.

Ein Lachen ist sage und schreibe 130.746,85 Euro wert. Das erfährt man zumindest, wenn das Buch „Was bin ich wert?“ von Jörn Klare zur Urlaubslektüre gehört. Der freie Journalist, der unter anderem für „Die Zeit“ und den „Deutschlandfunk“ Beiträge verfasst hat, geht der Frage nach, was denn ein Mensch ganz praktisch und nüchtern wert sei: Und zwar in Euro.

In 47 Kapiteln lässt er unterschiedliche Gesprächspartner zu Wort kommen, die diese Frage aus zum Teil sehr skurrilen Blickwinkeln betrachten. So berichtet Klare von einer amerikanischen Untersuchung, in der 1000 Menschen nach den unterschiedlichsten Lebenssituationen befragt wurden. Diese mussten sie auf einer Glückskala von 1-10 bewerten, unter anderem auch einen Lottogewinn. Heraus kamen dann Ergebnisse wie:

An der Spitze steht übrigens „Gesund sein“ (180.105 Pfund), noch vor „Ich liebe dich“ gesagt bekommen (163.424 Pfund).

Durch eine zum Teil sehr süffisante Schreibe und einen bewusst unschuldigen Grundton seinen Gesprächspartnern gegenüber wird das eigentliche Anliegen des Buches sehr schnell klar: Es handelt sich letztlich um eine Fundamentalkritik gegenüber einer Sichtweise, die den Menschen mehr und mehr unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet. Wenn es also nur noch um die Frage geht, was der Menschen leistet und was er wert sei, dann geht alles Menschliche letztlich verloren.

Indem Klare nicht zu einer offenen, appellativen Gesellschaftskritik greift, liest sich „Was bin ich wert?“ immer wieder sehr unterhaltsam. Durch verschiedene, scheinbar naive Zwischenfragen, bleibt einem allerdings oft das Lachen im Halse stecken. Nämlich dann, wenn man die Fragen des Autors zu Ende denkt und deutlich wird, in welchen ethischen Sackgassen man sich verrennt, wenn man den Wert des Menschen nach wirtschaftlichen Grundsätzen berechnet.

Für mich sind Klares Ausführungen zu einem leisen aber eindringlichen Weckruf geworden. Nicht erst seit der von Philipp Mißfelder angestoßenen Diskussion um die Frage nach der Rentabilität von Rentneroperationen ist deutlich geworden, wie gefährlich es ist, den Wert eines Menschen in Geld aufzurechnen.

Gerade als Christ ist es für mich erneut wichtig geworden, dass der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Dadurch erhält er einen Wert, den ihm niemand nehmen kann und der auch nicht in Gold aufzuwiegen ist. Wenn nur der Mensch der Garant menschlicher Werte wie Würde und Freiheit ist, dann ahne ich, dass auch der Mensch festlegen kann, wer wie viel Wert ist. Ich wünsche mir deshalb, dass sich mehr Christen engagieren und dieses Menschenbild in Politik und Gesellschaft einbringen. Damit der Wert eines Menschen auch in Zukunft unabhängig von seinem Beitrag zum Bruttosozialprodukt ist.


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