27.02.2022 / Wort zum Tag

Warten – worauf?

Harre des HERRN! Sei getrost und unverzagt und harre des HERRN!

Psalm 27,14

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Täglich schaut die alte Frau aus dem Fenster ihrer kleinen Dachwohnung. Aus gesundheitlichen Gründen kann sie das Haus kaum verlassen. Ihr bleibt nur der Blick auf das Treiben der Menschen. Immer das gleiche Spiel. Die Autos warten an der Fußgängerampel, während ein Ansturm von Fußgängern die Straße überquert. Dann warten wieder die Fußgänger, bis die Ampel für die Autos auf Rot springt. Eilig überqueren sie wieder die Straße. Das geht den ganzen Tag so. Gegenseitiges Warten, um ans Ziel zu kommen.

„Und worauf warten Sie?“, frage ich die alte Dame. „Ach, eigentlich warte ich darauf, dass die Zeit vergeht. In der Nacht warte ich auf den nächsten Morgen. Und morgens nach dem Frühstück warte ich auf das Mittagessen. Ich habe Essen auf Rädern. Da kommt dann immer ein netter Mann, der mir das Essen bringt. Auf ihn kann ich mich verlassen. Nach meinem Mittagsschläfchen ist der Tag dann auch schon bald rum. So ist das eben!“, meint meine Gesprächspartnerin.

Wir warten heute vielleicht auch auf eine nette Begegnung. Oder es beflügelt uns das Warten auf eine schöne Feier oder den lang ersehnten Urlaub. Ganz anders dagegen kann uns angespanntes Warten beim Arzt auf eine noch unbekannte Diagnose lähmen. In Notsituationen wird das Warten auf Hilfe häufig zur seelischen Qual. Es gibt so ganz unterschiedliches Warten. Auch sinnloses Warten. Sinnloses Warten ist für Viele das Warten auf den Tod. Worauf warten Sie heute?

In dem Lieder- und Gebetbuch der Bibel, in den Psalmen, findet sich unter anderem ein hilfreicher Rat für das Warten - ganz gleich in welcher Situation. Er steht in Psalm 27 im 14. Vers: „Harre des Herrn! Sei getrost und unverzagt und harre des Herrn!“

„Harren“ ist ein altes Wort für aktives Warten. Wir sollen die Hände beim Warten nicht in den Schoß legen und uns nicht einfach von der Zeit nur treiben lassen. Jeden Tag sollen wir wach annehmen und neugierig darauf warten, was Gott uns aktuell geben will. Er will uns durch sein Wort die Augen öffnen für sein Handeln. Er ist selber das Ziel, auf das sich zu warten lohnt.

Die alte Dame, von der Sie anfangs hörten, hat mir nicht nur vom Einerlei ihres Alltags berichtet. Jeden Tag nimmt sie sich Zeit für Gott. Mit ihm unterhält sie sich so, als würde er ihr gegenübersitzen. Gottes Wort tröstet sie und macht sie unverzagt. Im Radio hört sie christliche Sendungen, die ihr im Glauben helfen. Ähnlich ergeht es ihr mit einem christlichen Fernsehsender. Und dann hat sie noch eine Freundin, mit der sie sich am Telefon über alles, was sie freut und was sie bedrückt, austauschen kann.

Wenn sie dann draußen die Autos und die Menschen sieht, wie sie unterwegs zu unterschiedlichen Zielen sind und an den Ampeln warten, denkt sie, ich warte auch. Sie wartet auf den, der sie selbst in schweren Zeiten froh gemacht hat. Es lohnt sich, täglich auf den Zuspruch und die Hilfe Gottes zu warten. Deshalb: „Harre des Herrn! Sei getrost und unverzagt und harre des Herrn!“

Autor/-in: Pastor Burghard Affeld