22.08.2022 / Wort zum Tag

Vor dem Thron

Lasst uns freimütig hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden und so Hilfe erfahren zur rechten Zeit.

Hebräer 4,16

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„Der Angeklagte möge bitte vortreten!“ 

Diesen Satz kennen Sie vielleicht aus Krimis, wenn eine Szene vor Gericht spielt. Für einen Angeklagten ist das dann womöglich der entscheidende Moment, in dem es um das Urteil geht. Zumeist verbunden mit dem unguten Gefühl: „Hoffentlich wird es nicht zu schlimm!“

Der Bibelvers im Hebräerbrief hat vom Bild her diesen Hintergrund, aber es geht um genau das Gegenteil.

Der Verfasser des Hebräerbriefes schreibt im vierten Kapitel: „Lasst uns freimütig hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden und so Hilfe erfahren zur rechten Zeit.“

Keine Anklage findet hier vor dem Thron Gottes statt – obwohl es sicherlich Gründe genug dafür gäbe.

Keine Angst muss ich haben, wenn ich in die Gegenwart Gottes trete, obwohl seine Heiligkeit überhaupt nicht zu meinem Wesen passt.

Inhaltlich und nah am griechischen Grundtext steht hier im Bibeltext:

„Wir treten vor diesen Gott, der der Herrscher und Richter ist. Wir tun dies freiwillig und zugleich werden wir dorthin gezogen. Dieser Gott begegnet uns mit liebevoller Zuwendung. Das Ziel dieser Begegnung mit ihm ist, dass wir ihn als jemanden erfahren, der uns entgegenkommt mit einer Güte, die wir nicht verdienen können. Und dann hilft er uns zur richtigen Zeit und genau passend für unsere Situation.“

WOW! Was für ein Unterschied zu der Szene aus dem Krimi!

Zugegeben: Solch ein Bibelvers wirft manchmal unser Gottesbild über den Haufen. Denn manche wachsen mit solch einem Gerichts-Bild eines Gottes auf.

Und es stimmt auch, dass Gott ein unbestechlicher Herrscher und Richter ist – aber da gibt es halt einen gewaltigen Unterschied, den wir oft genug vergessen.

Wieso kann diese Begegnung mit dem Schöpfer des Universums so anders als befürchtet ablaufen?

Nun, Sie hören ja gerade den ERF – daher können Sie sich sicher denken, dass das was mit Jesus zu tun hat.

Eine Aussage von ihm aus dem Johannesevangelium zeigt den Zusammenhang:

„Ich versichere euch: Wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat - also Gott dem Vater-, der hat das ewige Leben. Auf ihn kommt keine Verurteilung mehr zu; er hat den Schritt vom Tod ins Leben getan.“

Das – und nur das ist der Grund, weshalb dieser Bibelvers aus dem Hebräerbrief mich mit einer großen Freude durch den Tag gehen lässt.

Keine Unsicherheit schwingt mehr mit:

Wir kommen zu diesem Gott – und es ist im Griechischen eine Sprachform, die sowohl unsere eigene Aktivität wiedergibt wie auch die Tatsache, dass Gott uns zu sich zieht. Wir tun dies voller Offenheit und angstfrei, denn hier will uns Gott begegnen, der Anteil nimmt an unserem Leben heute, der uns voller Liebe begleitet.

Wir werden seine Gegenwart erleben – und zwar genau zum rechten Zeitpunkt und in einer Art, die uns echt hilft.

Autor/-in: Pfarrer Ulrich Nellen