03.12.2021 / Wort zum Tag

Veränderung ist möglich

Weißt du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr leitet?

Römer 2,4

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Jetzt in der Adventszeit ist es doch wieder mal Zeit für die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. Die Geschichte von Ebenezer Scrooge, dem alten geizigen Geldverleiher, der nicht mit seinem Neffen Weihnachten feiern möchte. Und ihm erscheinen dann im Traum nacheinander mehrere Geister. Die zeigen ihm einige Szenen aus seinem Leben, in denen er erkennt, was für ein gemeiner niederträchtiger Mann er bisher gewesen war. Schließlich wacht Ebenezer Scrooge auf und er erschrickt zutiefst über sich selbst, dass er sofort sein Leben ändert. Sofort wird er zu einem großzügigen, freundlichen Wohltäter, beschenkt seine armen Bediensteten mit einem fetten Truthahn und feiert schließlich doch noch ein wunderschönes Weihnachtsfest mit seinem Neffen.

Eine schöne Geschichte, oder? Ist sie nicht vielleicht ein bisschen zu schön, um wahr zu sein? Kann es wirklich sein, dass ein alter Mensch sich nochmal so grundlegend ändert? Nachdem er sein ganzes Leben auf eine solche Weise geführt hat, mit allen Gewohnheiten, die sich über die Jahre eingeschliffen haben, und mit allen Ansichten, die er sich im Lauf seines Lebens angeeignet hat, und mit allen Verhaltensweisen, die er schon tausendfach gezeigt hat? Kann sich so ein sturer alter Bock wirklich nochmal so sehr ändern? Ist diese Geschichte nicht bloß ein schönes Märchen?

Der Lehrtext der Herrnhuter Brüdergemeine gibt mir darauf ein Stück weit die Antwort. Denn da steht im Römerbrief, Kapitel 2, Vers 4: „Weißt du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr leitet?“

Ja, weiß ich es wirklich nicht, dass bei Gott Umkehr möglich ist? Also, dass Gott einen Menschen umkehren kann, sodass dieser fortan ein anderer Mensch ist? Umkehr ist ja ein ganz zentrales Element im christlichen Glauben. Im Kern des Christseins steckt die Botschaft, dass ein Mensch durch Gottes Gnade neu werden kann und dass Veränderung möglich ist. Und dafür gibt es keine Altersgrenze. Gottes Güte ist so groß, dass sie auch den hoffnungslosesten Fall erreichen und mitreißen und komplett verändern kann.

Glaube ich das wirklich? Dass Veränderung möglich ist, auch für einen Ebenezer Scrooge, auch für einen Menschen, der sein Leben eigentlich schon gelebt hat?

Und lasse ich das auch für mich selbst gelten? So ganz jung bin ich ja nun auch nicht mehr, aber auch in meinem Leben gibt es immer wieder Punkte, in denen ich Umkehr brauche, also grundlegende Veränderung brauche. Es ist ja eben nicht so, dass ich mit meiner ersten Umkehr zum Glauben, als ich mich damals Christus zugewendet habe, genug umgekehrt bin. Ich bin auch als Christ nie zu Ende umgekehrt. Paulus spricht in diesem Vers ja gerade diejenigen an, die von sich gedacht haben, dass sie ja schon den „richtigen“ Glauben haben und dass sie keine Veränderung mehr nötig hätten. Aber an diesen Punkt kommt der Mensch ja nie, dass er keine Veränderung mehr nötig hätte. Auch das ist die Botschaft des Christentums.

Gottes Güte verhindert, dass ich es mir in meinem Leben und meinen Gewohnheiten allzu sehr gemütlich mache. Gottes Güte reißt auch mich immer wieder aus allzu festgefahrenen Haltungen heraus und fordert mich heraus, mich selbst in Frage zu stellen und zu schauen, wo ich Veränderung brauche, und mich dann auch von Gott verändern zu lassen. Zum Glück arbeitet Gott nicht mit schauerlichen Traumgestalten, wie sie sich Charles Dickens für Ebenezer Scrooge ausgedacht hat. Sondern Gott arbeitet mit seiner Güte, die nicht erschreckt oder bedroht, sondern mich mit sanfter Direktheit umwendet. Veränderung ist möglich. Auch für mich.

Autor/-in: Jutta Schierholz