12.03.2020 / Wort zum Tag

Unterwegs mit der Bibel

Philippus lief hin und hörte, dass der Mann aus Äthiopien den Propheten Jesaja las, und fragte: Verstehst du auch, was du liest? Er aber sprach: Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet? Und er bat Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen.

Apostelgeschichte 8,30-31

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Der Mann aus Äthiopien war ein besonderer Mann! Er kam aus dem großen Königreich im Norden von Afrika. Das reichte nilaufwärts von Ägypten vom heutigen Sudan bis nach Äthiopien. Er hat eine weite Reise auf sich genommen. Er fuhr wohl auf einem Pferdewagen und hatte seine Diener dabei. Der Äthiopier war nicht nur reich, sondern er war Finanzminister der Königin seines Landes. Er hat ihr persönliches Vermögen verwaltet, das war zugleich das Vermögen des ganzen Staates.

Ein Spitzenbeamter aus Afrika – und doch war er anscheinend nicht zufrieden. Er hatte es bis an den höchsten Punkt der Erfolgsleiter gebracht. Als Finanzminister hat er ausgesorgt. Dennoch hat ihm etwas gefehlt. In der Gegend, aus der er kommt, gab es schon seit langer Zeit eine jüdische Gemeinde. Wahrscheinlich hat er durch die Juden erfahren, dass sie den einen, wahren Gott in Jerusalem verehren. Er scheute nicht die Kosten. So ist er selbst  nach Jerusalem gereist und hat dort diesen Gott verehrt.

Eine teure Buchrolle mit dem Text des Propheten Jesaja hat er sich für unterwegs gekauft. Jesaja ist eines der umfangreichsten Bücher im Alten Testament. Jetzt ist er auf der Heimfahrt. Sicher freut er sich schon auf zu Hause. Er liest in der Buchrolle, die er gekauft hat. Wahrscheinlich liest er auf Griechisch, das war die Weltsprache, so wie heute Englisch. Der Finanzminister ist an der Bibel interessiert. Er hat sich das etwas kosten lassen. Er will die Quellen studieren. Der Mann ist wirklich am Glauben interessiert. Sein Herz ist offen für Gott.

Dieser besondere Mann braucht es, dass er von Gott auf besondere Art und Weise begleitet wird. Der Apostel Philippus war sowieso schon unterwegs, da bekommt er von einem Engel den Auftrag: Reise zur Straße von Jerusalem nach Gaza! Philippus soll sich dort an die Straße stellen und abwarten, was passiert. – Das ist wirklich nicht die Aufgabe, mit der sich Philippus regelmäßig beschäftigt. Einfach an der Autobahn warten und dann missionarische Gespräche anfangen – das ist nicht jedermanns Sache. Deshalb muss ihn ein Engel beauftragen.

Nun kommt der Reisewagen des Ministers von Äthiopien, und jetzt bekommt Philippus den Auftrag, wiederum direkt von Gott: geh hin!

Der Leser auf dem Wagen versteht nicht, was er liest. Ich würde sagen: Das ist nicht schlimm. Das ist normal. Jeder, der Jesaja 53 zum ersten Mal liest, fragt sich doch: Von wem wird da geredet? Wer ist der unschuldige Gerechte, der wie ein Lamm für sein Volk geopfert wird? Wer ist dieser Mann, der wie ein Lamm seinen Mund nicht auftut, wenn der Scherer kommt?

Zumindest einige Menschen wissen zu dieser Zeit, wer im Jesajabuch gemeint ist: Jesus von Nazareth. Er ist der Messias, der Christus. In diesem Bibelwort wird schon einige hundert Jahre vor Jesus vorhergesagt, was eines Tages geschehen wird. Jesus ist als Gottes Sohn in die Welt gekommen, um uns zu retten. Er ist am Kreuz gestorben, aber nicht, weil er schuldig war. Sondern weil wir schuldig sind. Unsere Schuld und Sünde hat er getragen. Damit hat er den Weg zu Gott wieder frei gemacht. Wir sind frei! Wir sind gerecht, wir sind in Gottes Augen angenehm, wenn wir an Jesus Christus glauben.

Philippus steigt auf den Wagen und setzt sich zu dem Reisenden. – Mir fällt dazu auf: Auch ich bin auf meiner Lebensreise mit der Bibel unterwegs. Wenn ich etwas nicht verstehe, lese ich den weiteren Zusammenhang. Oder ich schaue nach den wichtigen Worten im Bibeltext: Wie werden sie in der ganzen Bibel verwendet? Oder ich frage einen Freund: Was heißt das? – Deshalb bete ich, und dieses Gebet können Sie sich zu eigen machen: Herr, hilf mir, wenn ich in der Bibel lese und Fragen habe. Ich will jemanden fragen, der mir helfen kann, dein Wort besser zu verstehen. Amen.

Autor/-in: Pfarrer Dr. Jochen Eber