22.09.2021 / Wort zum Tag

Trost für Untröstliche

Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott.

Jesaja 40,1

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Trösten, was verbinden Sie mit diesem Wort? So etwas wie: Kopf hoch, es wird schon wieder? Oder: Nimm es doch nicht so schwer, andere machen ganz anderes mit? So etwas nennt man leidiges Trösten. Dadurch ist dies Wort in Verruf gekommen. Die heutige Losung spricht von Trost: „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht Gott, der Herr.“ Das steht in Jesaja 40,1. Der große Unterschied ist: Gott ruft hier zum Trost auf in eine trostlose Situation hinein. Er will echten Trost für sein Volk.

Echten Trost brauchen die Menschen immer. Ob der Säugling, der schreit, oder der Sterbende, der froh ist um die Hand, die er halten kann. Wie ist es für den Arbeitslosen bei der soundsovielten Absage, für den Kranken oder für die Einsamen? Wie ist es bei von der Pandemie oder von Unwetter Betroffenen? Was kann da wirklich Trost sein? Da ist es gut, nicht allein zu sein. Aber oft können wir nicht viel mehr tun, als in den Arm nehmen oder die Hand halten. Oft fühlt man sich dabei hilflos.

Aber wenn Gott unseren Trost will, ist das etwas ganz anderes. Er lässt uns Ermutigung zusprechen. Damit ist er da, er, der Helfer. Und was für ein Helfer!

Dazu müssen wir die Situation kennen, in die der Bibelvers spricht: Im Jahre 597 und noch einmal im Jahre 587 vor Christus haben die Babylonier Jerusalem eingenommen und zerstört. Ein großer Teil des Volkes wurde nach Babylon deportiert. Zunächst gab es unter den Gefangenen noch die Hoffnung auf eine baldige Heimkehr. Gott würde sie doch nicht im Stich lassen. Aber im Lauf der Zeit machte diese Hoffnung einer tiefen Resignation Platz. Die Gefangenen glaubten sich von Gott vergessen.

In Jesaja 49,14 drücken sie es so aus: „Der Herr hat mich verlassen, der Herr hat meiner vergessen.“ Gott hat den Menschen ihre Schuld vor Augen geführt. Durch ihre Gottlosigkeit, ihr Los-sein von Gott haben sie sich in diese Situation gebracht. Gott hält uns mehrfach vor wie in Jeremia 2,27: „Denn sie haben mir den Rücken zugekehrt und nicht das Gesicht. Aber zur Zeit ihres Unglücks sagen sie: Steh auf und rette uns.“ Kann man so mit Gott umgehen? Erst kümmert man sich nicht um Gott und dann soll er, bitte schön, helfen. Die Menschen mussten erst einmal erkennen, dass nur eine stetige Zuwendung zu Gott sie voranbringt.

Das zu erkennen, fällt vielen auch heute schwer. Auch für uns sind die Ereignisse der letzten Zeit bedrängend und könnten uns ins Nachdenken bringen.

Nun könnte man meinen, Gott habe genug von solchen Menschen. Aber er hat schon im ersten Teil des Jesajabuches neben den Gerichtsankündigungen Verheißungen der Wiederherstellung gesetzt. Hier im Kapitel 40 setzt es voll ein. Der Ruf: „Tröstet, tröstet mein Volk“, gibt den Anstoß zu neuen Rufen. Es wird nicht gesagt, wer ruft, wer antwortet. Entscheidend ist das, was gerufen wird. Es ist eine Reihe von Befehlen. Sie sind ein Anstoß. Etwas soll in Bewegung kommen. Die Situation wird nicht bleiben, wie sie ist. Gott ist ein Gott der Tat. Durch ihn geschieht Veränderung auch in Situationen, die uns aussichtslos erscheinen. Er spricht also: „Tröstet, tröstet mein Volk!“ Doppelt kommt das „tröstet“. Das betont die Dringlichkeit. Der Ruf soll unbedingt gehört werden. Und Gott nennt es immer noch mein Volk.

Das soll auch uns Hoffnung geben. Gott sieht die Not und er lässt nicht im Stich. Da können wir nur dankbar uns diesem Gott zuwenden und bei ihm bleiben.

Autor/-in: Pfarrerin Dagmar Rohrbach