18.12.2022 / Wort zum Tag

Trauen müsste man sich!

Der HERR sprach zu Mose: Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen? Habe ich’s nicht getan, der HERR?

2. Mose 4,11

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In meiner Schule war es damals üblich, dass Schüler mit der besten, der schlechtesten und mit einer mittleren Klassenarbeit zur Direktorin mussten. Sie wollte sich einen Überblick über die Leistungen der Schüler verschaffen. Ich erinnere mich noch genau, wie wir schlotternd vor ihrer Tür standen und uns nicht trauten, überhaupt nur anzuklopfen. Dabei war sie gar nicht einmal streng mit uns. Aber wir schauten voller Respekt zu ihr auf.

Es ist nicht immer leicht, sich einer Aussprache zu stellen. Und je älter ich werde, desto größer werden die Herausforderungen:
Wie sage ich einer Bekannten, dass sie mich beim letzten Treffen vor anderen bloßgestellt hat? Wie sage ich meiner Mutter, dass sie mich bei unseren Telefonaten kaum zu Wort kommen lässt? Wie sage ich meinem Chef, dass sein Tonfall unangemessen und belastend ist?

So schwierig ist es, Unangenehmes anzusprechen. Ich weiß schon vorher, dass der andere das ganz anders sehen wird und dass er in die Verteidigung geht. Je mehr Macht er über mich hat und je mehr ich gegen seine Interessen handle, umso schwieriger wird es.

In der Bibel wird von einer außerordentlich schwierigen Aussprache erzählt.
Über 4.000 Jahre liegt es zurück, da lebte das Volk Israel in Ägypten. Es ging ihm nicht gut dort. Es stand unter der Herrschaft des Pharaos und musste viele harte Zwangsdienste für ihn leisten. Das Volk litt. Zu einem aus diesem Volk, Mose, spricht Gott: „Geh zum Pharao, damit du die Israeliten aus Ägypten führst.“ 

Zum Pharao zu gehen und ihm so etwas zu sagen, das ist so gut wie Selbstmord! Mose bringt ein Argument nach dem anderen vor, bis dahin, dass er stottert. Wie kann man mit so einem Sprachfehler den Pharao überzeugen! Aber nichts lässt Gott gelten. Auch das Stottern nicht. „Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen? Habe ich’s nicht getan, der HERR? Ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du sagen sollst.“

Mose ist tatsächlich zum Pharao gegangen. Nach vielen dramatischen Ereignissen zog das Volk aus Ägypten aus und kam nach einem langen Weg in dem Land an, das Gott ihnen versprochen hatte.

„Ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du sagen sollst.“ Hilft mir das für die Gespräche, die vor mir liegen? Wenn ich mir dessen so sicher wäre, dann fiele es mir bestimmt deutlich leichter, all die schwierigen Sachen anzusprechen. Aber diese Gespräche sind keine Aufträge, die ich von Gott bekomme. Wenn ich im Gebet mit Gott darüber spreche, habe ich das Gefühl, dass er mir sagt: „Das sind Schwierigkeiten, die ihr euch untereinander macht. Da musst du selbst die Worte finden. Aber wenn du redest, dann rede mit Liebe. Und: ich werde bei dir sein und dir Kraft dafür geben.“

Autor/-in: Dorothee Döbler