17.05.2023 / Wort zum Tag

Straft Gott die Menschen?

Ach, HERR, strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm!

Psalm 6,2

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Der Schreiber des Psalms leidet unverkennbar und erlebt dieses Leiden als Strafe Gottes.

Seine Seele ist erschüttert. Er ist müde vom Seufzen. Sein Auge ist trübe geworden. Er ist vorzeiten gealtert wegen seines Kummers. Dazu machen ihm seine Feinde erheblich zu schaffen.

Haben Sie schon einmal so etwas erlebt? In so einer Situation fragt man sich öfters: Warum? Warum geschieht mir das? Warum muss ich jetzt so leiden? Was habe ich getan, dass es mir jetzt so dreckig geht?

Ist persönliches Leid eine Strafe Gottes, wie es der Schreiber des Psalms ausdrückt? Gottes Strafe, sein Zorn, sein Grimm? Was ist eigentlich Strafe?

Strafe ist die Konsequenz, die mein „schlechtes“ Verhalten nach sich zieht. In der Erziehung, im menschlichen Zusammenleben, in jeder Gesellschaft gibt es erwünschtes und nicht erwünschtes Verhalten. Die Justiz bewertet ein Verhalten am Maßstab von Gesetzen und entscheidet, ob ein Vergehen, eine adäquate Strafe nach sich ziehen muss.

Ich denke bei mir oft über die Dinge, die mich unvermittelt treffen: „Shit happens“, d.h. auf Deutsch, es geschieht einfach in meinem Leben und ich muss irgendwie damit zurechtkommen. Ich muss an jedem neuen Tag damit leben, es ertragen. Ob es eine Strafe ist, ist mir ehrlich gesagt, egal.

Ich muss mich mit unangenehmen Gefühlen oder auch den negativen Konsequenzen auseinandersetzen. Mich als leidenden Menschen zu begreifen, der in vielen Dingen eingeschränkt wird und oft auch nur wenig dagegen tun kann. Manchmal muss ich einfach nur erkennen, was ich falsch gemacht habe, ohne Wenn und Aber.

Was ich aber nicht will: Verbittert, hoffnungslos und enttäuscht zu werden – das ist noch schlimmer. Da verfestigt sich eine Haltung, mit der ich nie mehr froh werden kann.

Der Schreiber des Psalms weiß genau: Ohne Gott kann ich das Ganze nicht durchstehen. Trotz des Zornes Gottes setzt er alle Hoffnung auf ihn. Das ist eigentlich paradox, oder?

Er bittet Gott: „Hilf mir, sei mir gnädig – Du bist gütig!“ (Vers 5 ). Warum hofft er auf Gott, warum vertraut er auf ihn, wenn er „bestraft“ wird?

Er kennt Gott. Er hat Erfahrung mit ihm gemacht. Er hat im Laufe seines Lebens erkannt, dass Gott es gut mit ihm meint. Er hat oft schon Rettung und Hilfe von Gott erlebt. Er vertraut auf Gott, trotz seiner Belastung – weil er keine andere Alternative weiß, die solch eine Not beheben könnte. Nur er kann helfen, wie auch immer. Egal, auch wenn es eine Strafe ist – letztendlich meint Gott es gut mit ihm. Er vergibt ihm seine Verfehlungen. Auch wenn er korrigiert wird, wenn er sich mit sich selbst auseinandersetzen muss: Gott ist da und hilft ihm. Auch wenn er von ihm verlangt, seine Denkweise, sein Verhalten zu ändern. Durch Gottes Hilfe kann sich auch die eigene Blickrichtung dramatisch verändern. Was vorher gut aussah, sieht plötzlich in Gottes Licht sehr schlecht aus.

Oft merke ich, dass ich aufgerufen bin, Gott um Vergebung zu bitten, zu lernen, neu zu denken. Und daraus resultierend, mich anders zu verhalten. Wie es richtig und angemessen ist. Dass es zu Gott passt. Zu dem Gott, dem ich mein Leben gegeben habe, dem ich gehöre. Der mein Leben von Anfang an neugestaltet hat und will, dass es gelingt. Wie auch immer so eine Sache ausgeht - diesem Gott will ich vertrauen, es lohnt sich.

Autor/-in: Werner Karch