15.02.2009 / Wort zum Tag

Sprüche 20,22

Sprich nicht: "Ich will Böses vergelten!" Harre des HERRN, der wird dir helfen.

Sprüche 20,22

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„Das halt‘ ich nicht mehr aus, wie die mit mir umgehen. Das zahl‘ ich denen heim!“ Wer von uns hätte nicht schon so gedacht, wenn Schulkameraden hänselten, Arbeitskolleginnen mobbten, Nachbarn schikanierten? Aber ich stellte dann auch fest: Der Kampf gegen diese Leute ist wie ein Schattenboxen, wie das Anlaufen gegen eine Gummiwand. Die Gegner sind nicht zu greifen. Wer diese Erfahrung gemacht hat, ist in Gefahr, den Ärger, den Frust, die Agressivität in sich hinein zu fressen und damit sich selbst zu schaden, was ja noch viel schlimmer ist als äußere Gegner.

Lebenserfahrung sammeln wir und stecken dabei manche Verletzungen ein. Lebensweisheit spricht aus dem biblischen Wort im Buch der Sprüche. Dort heißt es: „Sprich nicht: 'Ich will Böses vergelten!' Harre des HERRN, der wird dir helfen“ (Sprüche 20,22). Ich stelle mir vor, dass für Sie heute so ein Tag ist, an dem Sie am liebsten zurückschlagen würden. Jemand hat Sie bis aufs Blut gereizt. Jemand hat Ihnen Schaden zugefügt. Nun stehen Sie also vor der Entscheidung, wie Sie reagieren werden. Gleiches mit Gleichem vergelten? Das wäre die natürliche menschliche Reaktion. Die Dinge selbst in die Hand nehmen? Und damit in die Spirale des Hasses und der Gewalt einsteigen, in der man sich gegenseitig zu immer härterer Gangart anstachelt und in der es kein Aussteigen mehr gibt, weil ja keiner sein Gesicht verlieren will?

Wenn die großen Konflikte auf unserem Globus zu nichts nütze sind, dann doch wenigstens zu dem einen: dass wir daraus lernen, es in unserem kleinen Lebensbereich anders zu machen! Unser Bibelwort lenkt uns nämlich in eine andere Richtung. Es war ein kluger Mann, der seine Lebenserfahrung so gebündelt hat. Er lenkt unseren Blick weg von dem Menschen, der uns übel will, und hin zu Gott. „... der wird dir helfen“, heißt es. Mit meiner kleinen Kraft gegen meinen Feind anrennen und am Ende doch scheitern – oder die Sache einem Größeren, einem Stärkeren in die Hände legen und mit ganzer Zuversicht auf seine Hilfe hoffen? „Harren“, wie die Bibel sagt? Von Jesus heißt es im 1. Petrusbrief (1. Ptr 2,23): „Wenn man ihn beschimpfte oder misshandelte, hat er es ohne Widerspruch ertragen; denn er wusste, dass Gott ein gerechter Richter ist und seine Sache vertritt“ (Übersetzung: Hoffnung für alle). Heißt das, wir müssen einfach alles einstecken als Christen? Wir sind Freiwild im großen Dschungel, in dem nur der Rücksichtslose sich behaupten kann? So ist es sicher nicht gemeint. Es gibt in unserem Staat ja geordnete Wege, sich Recht zu verschaffen, wenn einem Unrecht geschah. Diese Wege stehen auch uns Christen offen. Aber sein Recht selbst in die Hand nehmen und sich dabei immer tiefer in Selbstmitleid und Hass zu verbohren, das kann unser Weg nicht sein. Wenn Sie also heute vor dieser Entscheidung stehen: Was werden Sie tun?
Autor/-in: Dekan Dr. Heinz-Werner Neudorfer