18.05.2009 / Wort zum Tag

Sprüche 16,8

Besser wenig mit Gerechtigkeit als viel Einkommen mit Unrecht.

Sprüche 16,8

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Das ist der Vers zur Wirtschaftskrise. Ein Vers gegen die hemmungslose Gier von Menschen, die uns in diesen Tagen und Wochen immer wieder erschreckt: „Besser wenig mit Gerechtigkeit als viel Einkommen mit Unrecht“ (Sprüche 16, 8). Ein Vers aus dem Buch der Sprüche, der Sprichwörter also. Und sprichwörtlich ist seine Wahrheit, seine zeitlose Wahrheit. Denn das Phänomen, das wir heute beklagen, hat es wohl zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte gegeben. Menschen wollten immer schon mehr, wollten immer schon mehr als sie hatten, wollten immer schon mehr, als ihnen zustand, wollten immer schon mehr als die anderen. Dieses Haben-wollen ist einer der mächtigsten Triebfedern der Weltgeschichte.

Und es steckt tief in unseren Genen. Kleine Kinder muss man in der Regel nicht dazu erziehen, auch mal etwas für sich zu behalten. Im Gegenteil: Ein wichtiges Erziehungsziel ist es, ihnen das Abgeben beibringen zu wollen, das Teilen.

Wir saßen auf der Terrasse eines Schweizer Bergrestaurants. Wir machten Urlaub mit unserem Sohn und mit seiner kleinen Tochter. Die bewohnten in unserer Ferienwohnung ein gemeinsames Zimmer. Auf der Terrasse nun hatte sie als einzige einen Teller mit Pommes Frites. Viel zu viele für die kleine Maus. Aber sie hütete jede einzelne wie einen kostbaren Schatz. Jeder, der sie auch nur um eine winzig kleine Pommes anbettelte, bekam eine harsche Abfuhr. Papa inklusive. Ich habe dann zu einer längeren Rede ausgeholt, habe ihr erklärt, dass wir ja nun auch alles mit ihr teilen: das Auto, mit dem wir gemeinsam in die Schweiz gefahren sind; die Wohnung; unser Geld; das Essen und das Trinken. Dass das nun mal zum Leben dazu gehörte und dass alle reicher werden, wenn sie teilen. Das schien ihr einzuleuchten. Nach einer kurzen Denkpause sagte sie: „Na gut, dann teile ich ab jetzt mein Zimmer mit Papa.“ Sie hatte kapiert und sie hatte ihren ganz eigenen Ausweg gefunden. Etwas teilen, was man sowieso teilen musste, war für sie die ideale Lösung.

Unseren Bibelvers habe ich natürlich nicht zitiert. Wie hätte sie den verstehen sollen. Und möglicherweise hätte sie gesagt, dass der ja nun gar nicht auf sie zuträfe, denn schließlich hatten wir ja die Pommes Frites für sie bestellt. Also nichts mit Unrecht.

Und so argumentieren Menschen bis heute. Ich ja auch. Ich finde immer wieder gute Gründe dafür, warum ich das, was mir anvertraut wurde, nun wirklich nicht teilen kann. Da bin ich kaum besser als der geschasste Vorstandsvorsitzende eines großen Unternehmens, der, nachdem er dieses Unternehmen an die Wand gefahren hat, auf die nachträgliche Zahlung von Gehalts- und Pensionsansprüchen pocht.

Komische Leute sind wir zuweilen, verblendete Leute, egoistische Leute, denn was von dem, was ich beanspruche, steht mir wirklich zu? Wo hört das Recht auf? Wo beginnt das Unrecht?

Wir haben es nötig, unser Gewissen am Wort Gottes schärfen zu lassen. Eben auch an solchen Versen: „Besser wenig mit Gerechtigkeit als viel Einkommen mit Unrecht.“ Besser mal auf sein gutes Recht verzichten, als sein Recht mit unrechten Methoden durchsetzen. Gott mahnt das an. Und er macht es selber vor, wird ein Mensch, bekommt ein menschliches Gesicht und einen menschlichen Namen: Jesus. Verzichtet auf alle himmlischen Privilegien und wird der Diener von allen.

An Jesus Maß nehmen – wenn wir es häufiger täten, gäbe es manche Krisen gar nicht, weder in der Wirtschaft noch im täglichen Zusammenleben.
Autor/-in: Jürgen Werth