03.05.2015 / Wort zum Tag

Sprüche 14,31

"Wer dem Geringen Gewalt tut, lästert dessen Schöpfer; aber wer sich des Armen erbarmt, der ehrt Gott."

Sprüche 14,31

Jak. 2,15-17

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Unser Tageswort „Wer sich des Armen erbarmt, der ehrt Gott!“ bejahen wir Christen aller Konfessionen ja diskussionslos. Es entspricht ja auch den geflügelten Worten „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“ oder „Geben ist seliger als Nehmen“. 

Diese Weisheit hat in letzter Zeit an Aktualität zugenommen. Denn seit acht Jahren werden wir in der Finanz- und Wirtschaftskrise mit der Wahrheit des anderen, fast möchte man sagen „Gegen-Sprichwortes“, konfrontiert „Je mehr er hat, je mehr er will; nie schweigen seine Klagen still“!
Immer wenn neue Fälle aufgedeckt werden, reagieren wir erschrocken. Und es ist besonders tragisch, wenn das auch unter Christen vorkommt.
Solch einen Fall erwähnt Jakobus in seinem Gemeindebrief. Da sagen Christen zu den Armen: „Geht hin im Frieden, wärmt euch und sättigt euch!“, ohne die geringste Hilfe anzubieten. Jakobus entlarvt diese Haltung als völlig unchristlich: „Ein Glaube, der keine guten Werke hat, ist tot in sich selber.“ Kaltherzige und lieblose Christen sind also tot!

Wir leben heute in einer global vernetzten Welt, in der sich viele Akteure unter Missachtung aller ethischen Normen schamlos bereichern. Die Geldsummen, um die es da geht, bewegen sich für den normalen Bürger in astronomischen unvorstellbaren Dimensionen. Sogar die Medien reden da sogar wieder von Sünde!
Ganz offensichtlich erleben wir heute die traurige Ernte einer langen skandalösen Saat. Wo habsüchtige Gier, Unehrlichkeit, Steuerhinterziehung, dubiose Finanzschieberei und Betrug toleriert und honoriert werden, leiden die unbeteiligten Unter- und Mittelschichten. Solche korrupte Systeme kollabieren irgendwann und dann ist „fertig lustig“. Was ein Mensch gewinnsüchtig und rücksichtslos sät, wird er unweigerlich einmal als Chaos und Unglück ernten. 

In diesen unsicheren Zeiten kann die biblische Weisheit und Klugheit unsere Gedanken heilsam ordnen! So auch die unserem Tageswort folgende Einsicht „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben!“
Christen sollen also gerecht leben und sich nie auf Kosten anderer Menschen bereichern.

Nach Pfingsten schuf der Heilige Geist in den jungen Kirchen nicht nur eine Sensibilität für ungerechte und unsoziale Strukturen, sondern gab den Willen und die Kraft dazu, die Ursachen von Armut zu analysieren, die berüchtigte Schere zwischen arm und reich so weit wie möglich zu schließen und einen Ausgleich zu schaffen.

„Wer sich des Armen erbarmt, der ehrt Gott!“ Wie sieht das nun praktisch aus?
>  Solange es Armut gibt, sind die Wohlhabenden und Reichen zur Solidarität verpflichtet. Es darf nicht sein, dass sie sich in ihrem Wohlstand gedankenlos einrichten, ohne die schreiende Armut der hilflosen Armen wahrzunehmen.
>  Christen leben immer in der dreifachen Liebe zu Gott, zu sich selbst   u n d   zum Nächsten. Deshalb sollten wir unseren Lebensstil und Konsum „alle Jahre wieder“  selbstkritisch reflektieren: Wie viel Wohlstand darf es eigentlich sein? Natürlich gibt es keine allgemeingültige Regel! Aber solche Standortbestimmungen helfen, dass wir nicht egoistisch werden. 
>  Wer sich der Armen annimmt, tut das nicht blauäugig, sondern zielgerichtet. Er hilft ihm zur Selbsthilfe und damit zur menschlichen Würde zurück. Er hilft die Ursachen der Not so zu beheben, dass Selbstständigkeit und Eigenverantwortung wachsen.
> Gott will uns für einen solidarischen Ausgleich der Güter gewinnen – nicht irgendwo, sondern dort, wo uns persönlich Armut, Elend,  Mangel und Not begegnen. 
> Wo sich Arme und Reiche begegnen, kann sich die Not des Armen durch die Liebe des Reichen in Hoffnung verwandeln – und das führt beide zusammen im Lobpreis Gottes!
Wer sich also des Armen erbarmt, der ehrt Gott!

Autor/-in: Pfarrer i. R. Peter W. Henning