25.07.2020 / Andacht

Sparkonto vs. Blankoscheck

Was Gottes Güte für unser Leben bedeutet.

Können Sie in einem Wort die Güte Gottes beschreiben? Wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, ist Güte für mich ein Wort, das ich nahezu nur aus dem christlichen Kontext kenne und bei dem es mir schwerfällt, einen Bezug zu meinem Leben herzustellen. Gnade kennt man zumindest noch im Zusammenhang mit Gerichtsverhandlungen, wenn man zum Beispiel von einem „gnädigen Urteil“ spricht. Aber was ist bloß Güte? Das kennt man doch höchstens noch durch den Ausruf: „Ach, du meine Güte!“

Wikipedia erklärt mir Güte so, dass es sich dabei um eine freundliche und wohlwollende Einstellung handelt. Doch auch das beantwortet nicht die Frage, woran genau ich Gottes Güte festmachen kann. In der Bibel steht dazu folgendes:

Die Güte des HERRN ist's, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß. – Klagelieder 3,22-23

Gottes Güte: Nicht verfügbar, aber jeden Morgen neu

Wenn ich dieser Interpretation der Güte Gottes folge, ist sie der Dreh- und Angelpunkt meines Lebens. So ist es zum Beispiel schon ein Zeichen der Güte Gottes, dass ich morgens gesund aufwache, dass ich eine feste Arbeitsstelle und ein Netzwerk aus lieben Freunden und Bekannten habe. Und doch frage ich mich oft: Ist das alles? Denn im Laufe eines einzigen Tages begegnen mir oft so viele Herausforderungen und Probleme, dass ich mich immer wieder frage: „Herr, wo ist deine Güte jetzt? Wo erlebe ich sie jetzt ganz konkret?“

Aber vielleicht habe ich auch nur ein falsches Verständnis von Güte. Ich persönlich würde mir Gottes Güte so wünschen, dass sie wie ein fettes Sparkonto ist, von dem ich jeden Tag den benötigten Betrag abheben kann. Doch die Bibel belehrt mich eines Besseren: Denn Gottes Güte „ist alle Morgen neu.“ Das heißt zum Einen: Mein Scheck ist immer gedeckt. Gottes Güte ist wie ein täglich neuer Blankoscheck. Egal wie viel Güte ich an einem Tag benötige, es ist immer genug da. Mein Konto wird nie leer sein. Aber zum anderen heißt das auch:

Ich kann Gottes Güte nicht ansparen. Jeden Morgen muss ich neu darauf vertrauen, dass seine Güte mich auch an dem neuen Tag tragen wird.

Ohne Vertrauen geht’s nicht

Dass das wirklich stimmt, durfte ich schon oft in meinem Leben erfahren. Manchmal war das ganz einfach, weil der Weg eben war und das Vertrauen auf Gott nicht schwerfiel. Manchmal war Gottes Güte aber auch eher ein Sicherheitsnetz, das mich im letzten Moment vor dem Aufprall bewahrte. Immer wieder musste ich dabei feststellen: Ich erlebe nur dann Gottes Güte, wenn ich bewusst Dinge und Entscheidungen an Gott abgebe und darauf vertraue, dass mein Blankoscheck gedeckt ist.

Dieser Prozess ist schwer und immer noch wünsche ich mir an manchen Tagen die sichere Bankkonto-Güte. Denn dann könnte ich mir für einen anstrengenden Montagvormittag eine Extraportion Güte zurücklegen. Doch so funktioniert Gottes Güte nicht. Ich bekomme davon immer nur so viel, wie ich gerade brauche und erst dann, wenn ich sie brauche. Aber einer Sache kann ich mir dennoch gewiss sein: Gottes Güte geht nie aus. Ich kann sie meistens zwar weder sehen, messen noch anfassen und doch kann ich mein Leben darauf aufbauen. Was für ein wunderbares Paradoxon!

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

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