09.08.2024 / Wort zum Tag

Solidarität

Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.

1. Korinther 12,26

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Überall erschallt der Ruf nach Solidarität. Wir sollen uns mit den Schwachen und Verfolgten solidarisieren, mit den Entrechteten und Minderheiten, mit denen, die keine Lobby haben und die einsam und alleine sind. Aktuell fallen Ihnen sicher auch gleich Menschengruppen hierzu ein.

In dem heutigen Bibelvers aus dem ersten Brief des Paulus an die Gemeinde in Korinth im Kapitel 12, Vers 26 finden wir eine passende Definition von Solidarität:

„Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.“

Paulus nimmt öfters mal Bilder aus dem Bereich unseres Körpers. So auch hier. Ich kenne das, wenn ich krank bin: Eigentlich habe ich mir „nur“ den Fuß verknackst und humpel durch die Gegend.

Aber mein gesamter Körper leidet mit; sogar die Konzentration lässt nach.
Es ist eben alles miteinander verknüpft.

Paulus überträgt das auf die Gruppe der Christen in der Gemeinde. Wir dürfen aber auch erweitern: Solidarität mit der Gruppe der Christen insgesamt.

In diesem Monat am 22. August gedenkt die UN weltweit an die Opfer von religiöser Verfolgung – und die Christen sind die Gruppe, die weltweit am meisten wegen ihres Glaubens unterdrückt und verfolgt wird.

Paulus weist in diesem Bibelvers darauf hin, dass deren Leiden zugleich auch unser Leiden ist – weil wir ja mit ihnen verbunden sind – so wie dies für alle Teile unseres Körpers eben auch der Fall ist.

Das geht allerdingt nur, wenn wir auch mit ihnen verbunden sind. Zur Auffrischung unserer Erinnerung sind solche Gedenktage hilfreich – wie auch der Sonntag im November, der von der Organisation „Open Doors“ initiiert wurde und an dem besonders der verfolgten und unterdrückten Christen weltweit gedacht wird.

Aber auch im Kleinen ist dies eine hilfreiche Erinnerung: Wenn in einer Gemeinde vor Ort es einem nicht gut geht, kann ich dies wahrnehmen und hilfreich entlastend aktiv werden. Wenn ich mir den Fuß verstaucht habe, dann übernimmt der andere Fuß ein Stück weit seine Arbeit, indem er mit Hilfe des Restkörpers diesen schont und entlastet.

Es wäre doch schön, wenn dies in der Gemeinde vor Ort auch funktionieren könnte und wir einander entlasten und beistehen, wo es nötig ist.

Sogar im ganz kleinen gilt das, in der Familie, wo ich Anteil nehme am andern, empathisch erspüre, wo er gerade leidet und ihn stütze. Denn wenn es dem Anderen besser geht, geht es auch mir gut.

Der heutige Bibelvers ist jedenfalls ein genaues Gegenteil von dem Satz, der derzeit viel häufiger gelebt und gesagt wird: „Nicht mein Problem!“

Aber auch der zweite Teil dieses Verses gilt: Wörtlich heißt es hier: „Wenn ein Teil des Körpers geehrt wird, freuen sich alle andern mit!“

Und das ist doch etwas Schönes: Ich freue mich am anderen und über den andern, über alles, was ihm gelingt und was er schafft. Und da wir ganz eng miteinander verbunden sind, kommt mir auch etwas von diesem Erfolg zu und der andere erlebt etwas von meiner Freude über ihn.

Wenn in der Gemeinde jemand einen Dienst gebracht hat, ist es großartig, wenn dieser bedacht und „geehrt“ wird, wie es hier heißt – und zugleich freut sich dann nicht nur dieser Mensch, sondern die anderen freuen sich mit ihm und für ihn. Und dieser Teil des Verses ist dann das genaue Gegenteil von dem leider üblichen: Wieso wird der jetzt vom Pastor erwähnt und ich nicht?

Ich wünsche Ihnen heute einen Tag, an dem Sie mit dem andern fühlen durch ein empathisches beim Anderen sein, ob er es gerade schwer hat oder ob es ihm gut geht.

Dann sind Sie auf einem guten Weg, diesen Bibelvers des Paulus umzusetzen.

Autor/-in: Pfarrer Ulrich Nellen