30.09.2023 / Bericht

Singend ins Miteinander

Eine Initiative lädt dazu ein, den 3. Oktober gemeinsam zu feiern und damit Brücken zu bauen.

Mit Kerzen in der Hand singen sie gemeinsam Lieder wie „Hevenu shalom alechem“, „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ und die deutsche Nationalhymne. Junge Menschen, Senioren, Alteingesessene genauso wie Zugezogene und Flüchtlinge kommen am 3. Oktober zusammen, um das Wunder der Friedlichen Revolution und des Mauerfalls mit gemeinsamem Singen zu feiern.

„3. Oktober – Deutschland singt und klingt“ heißt die Initiative, die erstmals 2020 Bürgerinnen und Bürger am Tag der Deutschen Einheit auf öffentlichen Plätzen zahlreicher Städte zusammenbrachte. Auch dieses Jahr lädt die Initiative wieder dazu ein, dabei zu sein und mitzusingen.

Geburtsstunde einer neuen Tradition

Ins Leben gerufen hat das Projekt der Runde Tisch Gebet der Lausanner Bewegung. Die Gruppe nahm wahr, dass viele Deutsche mit dem Tag der Deutschen Einheit wenig anfangen können und der Feiertag kaum begangen wird.

So entwickelte sich die Idee, sich neu mit gemeinsamem Singen daran zu erinnern, wie friedliche Demonstranten in der DDR für Freiheit und Einheit einstanden und dafür sogar ihr Leben riskierten.

Das gemeinsame Singen soll die Generationen verbinden und eine öffentliche Feiertradition dieses Tages begründen. Hindernisse kamen bereits im ersten Jahr 2020 durch die Pandemie auf die Planer zu. Dennoch setzte sich die Idee durch. Zahlreiche Menschen engagierten sich an über 180 Veranstaltungsorten. Dieses Jahr gibt es schon über 270 Veranstaltungsorte.

Ein Zeichen der Hoffnung

Der Mauerfall vor über 30 Jahren hatte weitreichende Folgen. Da der eiserne Vorhang nicht nur Deutschland teilte, wirkte sich die Wiedervereinigung auf ganz Europa aus. Der Krieg in der Ukraine gibt den Geschehnissen von damals eine neue Bedeutung. Die Friedliche Revolution ist ein Zeichen der Hoffnung angesichts von Trennung und Krieg. 

Das sieht auch Bernd Oettinghaus, Leiter von „Deutschland singt und klingt“, so: „Die Dankbarkeit schließt ja nicht nur unsere Nation ein, sondern auch all die Nationen um uns herum. Mit anderen gemeinsam zu feiern – mit Polen und im letzten Jahr mit Ukrainern und sogar mit Russen – hat an vielen Stellen dieses Zeichen der Kerzen aus der Friedlichen Revolution nochmal aktuell verstärkt.“

Austausch statt Gleichgültigkeit und Ablehnung

Dass Freiheit und Friede keine Selbstläufer sind, hat spätestens der Krieg in der Ukraine auf brutale Weise gezeigt. Es ist wichtig, weiter für Werte wie Freiheit und Friede einzustehen, findet Bernd Oettinghaus:

Wenn wir den Feiertag nicht mehr feiern, wird es auch weniger wert sein, was wir an Demokratie und Freiheit haben.

Er beobachtet polarisierende Kräfte in unserem Land, die Menschen verschiedener Meinungen gegeneinander aufwiegeln. Darin sieht er eine Gefahr. Umso wichtiger sei es, gemeinsam unterwegs zu sein und im gegenseitigen Austausch zu stehen.

Eine Herausforderung sei auch das Desinteresse und die Gleichgültigkeit – vor allem im Westen – in Bezug auf die Wiedervereinigung, die Oettinghaus als unverdientes Gnadengeschenk ansieht. Er lädt dazu ein, stattdessen innezuhalten, auch auf das zu schauen, was gelungen ist, und eine dankbare Perspektive zu entwickeln. Dafür ist das gemeinsame Singen eine geeignete Gelegenheit.

Brückenbau durch Gesang

Auch der deutsche Sänger und Liedermacher Manfred Siebald beteiligt sich an dem Projekt. Er erinnert sich noch gut an die Ängste, die er an der Grenze für seine Auftritte in der DDR hatte. „Als das zu Ende war, konnte ich gar nicht anders als jubeln und dieser Jubel steckt immer noch tief in mir“. Daher stellt er sich zu dem Anliegen, ein Zeichen der Dankbarkeit und gegenseitigen Verständigungsbereitschaft zu setzen.

„Das gemeinsame Singen hat Menschen schon immer näher zusammengebracht als die bloßen verstandesmäßigen Argumente“, sagt Siebald. Das Mottolied „Die Hoffnung lebt zuerst“ (2021) hat er bewusst so geschrieben, dass sich Christen wie Andersgläubige mit dem Text identifizieren können. Gleichzeitig setzen biblische Anspielungen wie die Taube oder der weite Himmel gezielt Impulse, sich mit dem Dank an Gott zu wenden.

Das gemeinsame Singen hat Menschen schon immer näher zusammengebracht als die bloßen verstandesmäßigen Argumente.

Manfred Siebald

Auf die Plätze, fertig, los!

Wer nun mitmachen will, kann an einem der vielen Veranstaltungsorte teilnehmen. Auf der Webseite zum Projekt sind alle Orte auf einer Karte markiert. Das gemeinsame Singen startet um 19 Uhr und wird mancherorts von weiterem Programm umrahmt.

Natürlich kann jeder, der sich noch spontan einbringen will, die Aktion auch am eigenen Ort starten, zum Beispiel gemeinsam mit Freunden, einem Chor, einer kirchlichen Gruppe oder dem Sportverein. Ergänzend wird es von Hamburg aus eine Live-Übertragung auf YouTube geben.

Wenn am 3. Oktober Menschen gemeinsam singen und die Lichter ihrer Kerzen zu leuchten beginnen, setzen sie damit ein Zeichen für Frieden und schlagen Brücken zwischen Generationen und Nationen.
 

Autor/-in: Elisa Meyer

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