21.05.2012 / Impuls

Schlupfloch in den Himmel

Was tun, wenn wir uns schuldig fühlen oder tatsächlich schuldig geworden sind? Gedanken dazu von Martin Luther.

Martin Luther hatte in seinem Leben viele Herausforderungen zu bestehen: Eigentlich wollte er nur Seelenfrieden für sich selbst finden. Heraus kam jedoch eine Reformation, die nicht nur in der Kirche sondern auch in der Politik hohe Wellen geschlagen hat. In all diesen Stürmen musste er immer wieder Position beziehen, sich abgrenzen, ermutigen. Auf die leichte Schulter hat er das nicht genommen. Trotzdem hat er Schuld auf sich geladen und auch mancher Fehler ließ sich nicht vermeiden.

Wie auch? Luther war auch nur ein Mensch! Das merkt man unter anderem in seinem Privatleben: Oft war der kernige Mann entmutigt, verzweifelt, depressiv. Aber trotz allem hat er weiter gekämpft. Luther hat damit das beherzigt, wozu ein Bibelvers aus dem Hebräerbrief Christen bis heute auffordert:

Lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens. (Hebräer 12,2)

Für den Reformator stand trotz aller Zweifel und Kämpfe fest, dass Jesus ihn durchbringt. Im folgenden Gedicht bringt Luther das in der für ihn typischen Art und Weise zum Ausdruck:

Meine Hoffnung

Mir ist es bisher wegen angeborener Bosheit und Schwachheit unmöglich gewesen, den Forderungen Gottes zu genügen. Wenn ich nicht glauben darf, dass Gott mir um Christi Willen dies täglich beweinte Zurückbleiben vergebe, so ist’s aus mit mir.

Ich muss verzweifeln, aber das lasse ich bleiben.
Wie Judas an den Baum mich hängen, das tu’ ich nicht.
Ich hänge mich an den Hals oder Fuß Christi wie die Sünderin1.
Ob ich auch noch schlechter bin als diese, ich halte meinen Herrn fest.

Dann spricht er zum Vater:
„Dieses Anhängsel muss auch durch. Es hat zwar nichts gehalten und alle Deine Gebote übertreten, Vater, aber er hängt sich an mich. Was will’s! Ich starb auch für ihn. Lass ihn durchschlupfen.“

Das soll mein Glaube sein.

Auch ich kenne Momente in meinem Leben, wo mich Schuld und Versagen daran zweifeln lassen, ob ich bei Gott noch angenommen bin. Von Luther möchte ich mich dann daran erinnern lassen, dass es nicht auf mich und meine Gefühle ankommt, sondern auf meine innere Blickrichtung: Nach oben, zu Jesus! Wenn ich mich an ihm festhalte, bringt er mich zum Ziel.

Jesus Christus ist außerdem derjenige, der mir hilft falsche Gewohnheiten und sündiges Verhalten abzulegen. Mit diesem Wissen lassen sich auch die nachfolgenden Verse der oben genannten Bibelstelle einordnen. In ihnen geht es darum, „den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen“. Luther hat diesen Kampf gekämpft, hat Niederlagen und Siege eingefahren. In all dem hat er aber allem Anschein nach nie seinen Blick auf Jesus verloren. Und alleine darauf kommt es an.


1 Es ist mir nicht bekannt, auf welche biblische Geschichte sich Luther hier genau bezieht. Eventuell ist die Begebenheit aus Lukas 7,36-50 gemeint.

Autor/-in: Hanna Willhelm

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