26.06.2010 / Wort zum Tag

Römer 16,27

„Dem Gott, der allein weise ist, sei Ehre durch Jesus Christus in Ewigkeit. Amen“

Römer 16,27

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Eben hat der Apostel Paulus der jungen christlichen Gemeinde in Rom sein theologisches Lebenswerk vorgestellt. Aus gutem Grund: Er hatte nämlich die Absicht, Rom zu seinem „Basislager“ für die Weiterreise nach Westen bis nach Spanien zu machen. Und weil er den Römern persönlich noch gar nicht bekannt war, aber von ihnen Unterstützung wollte, schickte er ihnen seine „Visitenkarte“ in Gestalt des Römerbriefs.

Für sie damals wie für uns heute ist dieser Brief unendlich wertvoll. Er stellt uns den christlichen Glauben in seiner ganzen Breite vor Augen: dass unser Leben am Ende vor Gott noch einmal zur Sprache kommen wird; dass der Mensch ohne Gott gegen Gott ist; dass Gott selbst in Gestalt seines Sohnes Jesus die Initiative zu unserer „Wiedervereinigung“ mit dem Schöpfer ergriffen hat; dass er von uns Gottvertrauen erwartet; dass wir nämlich nicht durch unsere eigenen Anstrengungen vor Gott „gerecht“ werden können; wie ein Leben im Vertrauen auf Gott aussieht im Unterschied zu einem Leben ohne Gott; dass die ganze Schöpfung auf Erlösung wartet usw. Ganz am Ende, nachdem er auch noch über den Umgang der Christen miteinander geschrieben hat, geht seine sonst so nüchterne Darstellung in die Anbetung Gottes über. Er schreibt: „Dem Gott, der allein weise ist, sei Ehre durch Jesus Christus in Ewigkeit. Amen“ (Römer 16,27).

Zwei Überlegungen dazu:

Jedes ernsthafte Nachdenken über Gott führt letztlich zur Anbetung Gottes – oder zu entschlossener Ablehnung. Denn dann ist die Frage zu beantworten, ob es Gott gibt oder nicht. Gewiss, Gottes Existenz hängt nicht davon ab, ob ich an ihn glaube oder nicht. Wenn ich mich aber für den Glauben entscheide, stehe ich vor Gott in seiner ganzen Macht und Herrlichkeit. Dann stehe ich vor dem Schöpfer und Erhalter der Welt und vor ihrem Richter und Retter. Die angemessene menschliche Reaktion auf diese Begegnung mit dem Ewigen kann nur Anbetung sein.

Damit hängt die zweite Überlegung zusammen:

Genauer müssten wir nämlich übersetzen: „Dem einzigen und weisen Gott sei Ehre durch Jesus Christus in Ewigkeit. Amen.“ Der Vater Jesu Christi ist nicht unter vielen Göttern der einzige, der weise wäre; sondern er ist überhaupt der einzige Gott. Daran haben die Autoren des Neuen Testaments keine Sekunde gezweifelt. Ein schiedlich-friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Gottheiten konnte es nach ihrer Überzeugung nicht geben. Schon unser menschliches Denken verlangt klare Strukturen. Wir erleben im Beruf oder in der Politik, wie schwierig es wird, wenn sich mehrere Chefs gleichberechtigt um Zuständigkeiten streiten. Für die Religion kann das kein Modell sein. Der Himmel ist keine Management-Zentrale! Ein Himmel voller Streit zwischen den Göttern, wie ihn sich die alten Griechen noch vorgestellt haben, ist doch für uns undenkbar. Wenn wir also vor der Frage nach Gott stehen, sind wir mit Paulus auf dem richtigen Weg, wenn wir uns an den Gott Israels halten, an den Vater Jesu Christi. Und wenn wir ihn allein ehren.

Autor/-in: Dekan Dr. Heinz-Werner Neudorfer