08.08.2009 / Wort zum Tag

Römer 15,5

Der Gott der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß.

Römer 15,5

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In einer Zeitschrift lese ich gerne eine regelmäßige Rubrik, die „gefährdete oder verloren gegangene Wörter“ aufführt. Das Wort „Eintracht“ gehört dazu - ein altes fast verloren gegangenes deutsches Wort! Noch zu finden im Namen von Fußballvereinen, Kleingartenvereinigungen - und in der biblischen Sprache. Es meint etwas Gemeinsames, das unterschiedliche Menschen auf ein Ziel hin verbindet. Eine Übereinstimmung der Herzen und Meinungen. Das findet man außerhalb des Fußballfan-Bereichs heute selten. Und es ist auch ein hehres Ansinnen angesichts der fortschreitenden Individualisierung unseres Alltags. Eher tut doch jeder, was er will, und die Aufsplitterung in tausende von Einzelmeinungen und kulturellen Untergruppen schreitet fort.

Das Bibelwort für heute aus dem Römerbrief ist ein Gebet um einträchtige Gesinnung. Der Apostel Paulus richtet es an Gott für die bunte Christengemeinde in der antiken Weltstadt Rom. Aber wie auch sonst in der Bibel ist das kein Appell: „Nun seid doch bitte mal schön einträchtig“. Das funktioniert meistens nicht. Es ist vielmehr ein Anzapfen der übernatürlichen Kräfte Gottes, der durch sein Wirken Einigkeit schafft. Jedenfalls bei denen, die sich seinem guten Wirken aussetzen. Das ist etwas, was ich mir merken will: Nicht zuerst die anderen zur Einigkeit auffordern, sondern es als Gebet an Gott richten, der die Umsetzung ermöglicht.

Was ist das für ein Gott? Er wird uns in seinen Wesenszügen vor Augen gestellt: Der Gott der Geduld und des Trostes. Hören wir das? Das ist hier nicht der Gott der Macht und der Strenge, nicht der Gott, der fordert und richtet. Sondern der Gott des Alten und Neuen Testaments, der liebt und sich erbarmt, der seinen Söhnen und Töchtern nachgeht und sie in seine Vaterarme einlädt. Er ist „geduldig und von großer Güte“. Bei ihm finden wir Trost in guten und schweren Zeiten, ja im Leben und im Sterben. Wo sehen wir diese Eigenschaften Gottes, gerade wenn sie uns in mancher Lebenslage eher verdunkelt sind? Da, wo derselbe Vers der Bibel unsere suchenden Herzen hin lenkt: Der Gott der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß. Also in Jesus Christus! Er ist das Bild von Gottes Geduld und Trost. Er ist der sichtbare Beweis von Gottes Liebe und Erbarmen. Er hat das alles nicht nur in Worten gepredigt und in Taten demonstriert. Sondern er hat es selber gelebt, indem er die Seinen liebte bis zum Ende, ja zum Tod am Kreuz.

Und damit ist Jesus weit mehr als ein Vorbild für unser eigenes Verhalten. Er ist Geduld und Trost und Liebe und Annahme in Person. Wer sich von ihm lieben und annehmen, erlösen und trösten lässt, wird mehr und mehr durchtränkt von seinem Wesen. Das ist das Einzigartige des Christusglaubens: nicht wir sind aufgefordert zu werden wie er, möglichst gut und vollkommen. Sondern er, Jesus, gibt sich mit seinem Heiligen Geist in uns hinein. Natürlich nur, wenn wir es zulassen. Er verändert unser Denken, Verhalten und Wesen immer mehr auf sein Bild hin. Christusglaube ist also nicht ein Sein, sondern ein Werden, wie schon Martin Luther sagte. Er ist nicht vorrangig eine Bemühung und erst recht keine Leistung, sondern ein Sich-öffnen und sich Umgestalten-lassen. Unsere eigene Aktivität, Verstand, Wille und Gefühl, sind darin voll einbezogen.

Genau das nennt Paulus im Römerbrief „Christus gemäß“ werden und leben. Und damit gilt dasselbe auch für das schöne Ziel der Eintracht. Je mehr Christus in uns, desto leichter wird das Miteinander. Je mehr sein Heiliger Geist unser Wesen prägt, desto einfacher wird es, auch mit schwierigen Menschen die Einheit des Glaubens zu praktizieren. Bekanntlich soll ja das Einssein der unterschiedlich geprägten Jesusnachfolger das Erkennungszeichen für die nicht Glaubenden sein, so wie es Jesus im Johannes-Evangelium, Kapitel 17, sagt: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.“ Die Eintracht als Zeichen und Einladung zum Glauben an Jesus als Gottes Sohn!
 

Autor/-in: Pfarrer Axel Nehlsen