16.09.2009 / Wort zum Tag

Römer 14,8

Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.

Römer 14,8

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Es gibt Bibelverse, die legen es uns nahe, dass wir sie auswendig lernen. Dieser Vers ist einer davon: “Unser keiner lebt sich selber, unser keiner stirbst sich selber, leben wir, so leben wir dem Herrn …“ Schon der Rhythmus dieses Verses in der deutschen Übersetzung zeigt an, dass Paulus hier ein bekanntes Lied der Christen aufgreift oder einen gemeinsam immer wieder gesprochenen Vers in den Gottesdiensten; man vermutet, dass in der Abendmahlsliturgie der Leiter nach den Einsetzungsworten das letzte Wort der Offenbarung zitierte: “Maranatha“ und die Gemeinde antwortete: „Unser keiner lebt sich selber ...“

Ich habe es in meinen beiden Gemeinden, in denen ich als Pfarrer tätig war, so gehalten, wenn ich den Text gepredigt habe: die Gemeinde konnte den Vers am Ende der Predigt auswendig mitsprechen. Bibelverse sind ja auch ein Bekenntnis, das sich tief in unsere Herzen einprägen kann und unser geistlich Leben stärker bestimmen und beeinflussen kann als mache Predigt es kann. Sie sind ein Loblied, ein Trostlied und ein Jubellied der Erlösten. Luther empfiehlt, solche Verse immer wieder meditativ vor sich herzusagen, besonders dann, wenn man abends nicht einschlafen kann.

Wir leben dem Herrn: also niemand lebt für sich selbst, sondern jeder Christ lebt für den Herrn Jesus Christus. Wenn wir also in seinem Sinn leben, dann nur für Jesus - das ist unsere Bestimmung, unsere Sinngebung und unsere Lebenserfüllung; Christus durch unser Leben verherrlichen in dieser Welt, etwas sein zum Lobe seiner Herrlichkeit. Christen werden gar nicht gefragt, ob sie jemandem gehören wollen, sie gehören dem Herrn Christus. Die anderen gehören ja auch jemandem - aber wir gehören Jesus, weil wir ja die Alternative nur mit Schrecken denken können. Natürlich muss das auch immer wieder neu bei uns und in uns durchgesetzt werden, denn unser Christenleben ist auch ein Kampfplatz. Wer und was erhebt nicht alles Anspruch auf unser Leben: Menschen, Regime und Systeme, Moden und auch obskure Sekten und nicht zuletzt unser alter Adam, der uns immer wieder vorgaukeln will, wir seinen nicht mehr so recht frei, wenn wir uns so an Jesus binden.

Paulus nennt sich zu Beginn dieses Römerbriefes stolz: “Sklave Jesu Christi!“ Denn nur zu gern gehört er zu Jesus. Für Paulus ist solche Sklaverei echte Freiheit und er sagt von den Christen, dass sie vorher Sklaven der Sünde gewesen sind, aber nun gehören sie von ganzem Herzen dem Herrn. Also gehören wir nicht mehr in die Sklaverei der Sünde - das wäre ja die einzige Alternative -, sondern dem Herrn. Denn Jesus hat uns erobert, er hat unser Herz gewonnen, nicht durch Gewalt, sondern dadurch, dass er für uns starb und auferstand als letzte Hingabe und als Opfer durch eine Liebe, die nichts für sich wollte und will, sondern alles für uns. Mit Jesus ist uns alles gegeben, er hat sich uns zu eigen gegeben, darum gehören wir ihm, in der Freiheit der Liebe. Dem Herrn Jesus gehören bedeutet: alles für ihn, alles ihm zuliebe. Uns verbindet nichts untereinander so, als dass wir in Christus und für Christus leben. Wie knapp bemessen ist doch die Zeit, die wir hier noch zur Verfügung haben. Was mache ich aus diesem Leben, das doch so kurz ist. Leben Sie dem Herrn Jesus? Ist er Ihr Leben, Ihre Freude, Ihre Hoffnung? Ist Jesus Ihr Leitbild?

Weil wir dem Herrn leben, darum sterben wir auch ihm. Denn am Sterben und am Tod bewährt sich dann der Glaube. Hier sieht es fast so aus, als bemerke Paulus die Todesgrenze gar nicht. Denn wer dem Herrn lebt, der ist sozusagen schon drüben - oder anders formuliert: wenn der auferstandene Herr in seiner Gemeinde, in den Christen gegenwärtig ist, dann ist der Tod für uns der Eingang in das Leben, dann hat der Tod seine Schrecken verloren, ja, dann kann der Tod mir zur eigentlichen, letzten Freude werden. Damit soll das Sterben und das Vergehen des äußerlichen Menschen nicht bagatellisiert werden, dass wir also das Sterben Christi an unserem Leibe tragen und durch körperliche Leiden, Schmerzen, Krankheiten, qualvolles Sterben gehen müssen. Aber letztlich ist das Sterben dem Christen, wenn er nur mit Christus verbunden ist, nichts Erschreckendes mehr, denn hier liegen Sterben und Leben auf einem Nenner, weil ja beides in der Verbundenheit mit Jesus geschieht, also in Christus, Leben und Sterben vollzieht sich beides in Christus. Wir sterben nicht dem Tod, sondern wir sterben dem Herrn. Ohne Jesus ist das Sterben etwas Unheimliches.

Was ist das für ein Herr, auf den hin wir sterben? Der Auferstandene, der in unserm Leben längst Fuß gefasst hat, der längst bei uns mitten drin ist, in dessen Auferstehungsleben wir zwar heimlich und unsichtbar, aber doch gewiss, längst hineingezogen sind. Wenn wir also sterben, dann werden wir immer noch in der einen Gemeinde bleiben, zu der eben nicht nur die Lebenden, sondern auch die im Glauben an Jesus Vollendeten Christen gehören. Konsequenterweise heißt das ja, dass unsere Gottesdienste die irdische Gemeinde und die himmlische Gemeinde zusammen sehen, die obere Gemeinde ist gegenwärtig und wir gehen zu auf den himmlischen Gottesdienst. Ein schlichtes Bild verdeutlicht das: der Christ hängt wie an einer Seilbahn, deren Seil von Ewigkeit zu Ewigkeit gespannt ist und ihn sicher durch die Zeit bringt. Luther schreibt: “Ich weiß, woher ich komme und ich weiß, wohin ich gehe; mich wundert, dass ich noch so ängstlich bin.“ Wir Christen können doch viel entspannter leben und viel weniger von der Kürze unserer Lebenszeit beeindruckt sein, denn: unser Leben hört doch nicht auf, wenn es endet. Luther in einer Predigt: „Adam wird sich wundern: er hat sich zu Todes gelegt und er wird auferstehen, als wäre keine Stunde zwischen damals und dem jüngsten Tag vergangen, und er wird nicht wissen, wie viele Menschen aus ihm hervorgegangen sind.“ Nicht nur Adam wird sich wundern - Sie auch, ich ebenso; denn wir Christen erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der zukünftigen Welt und: das Eigentliche, das Schönste kommt ja noch.
 

Autor/-in: Pfarrer i. R. Bernd Schlottoff