18.07.2011 / Wort zum Tag

Römer 14,19

Lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander.

Römer 14,19

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

„Im Wesentlichen Einheit, im Beiläufigen Freiheit, und in allem Liebe.“ Das war der Wahlspruch für Nikolaus von Zinzendorf in seiner Gemeinde in Herrnhut. Da es eine Flüchtlingsgemeinde war, waren es sehr verschiedene Menschen, die sich hier zusammenfinden mussten. Das war nicht einfach. Durch viele Hausbesuche und persönlichen Einsatz der Mitarbeiter wurde es möglich, dass sich alle einig wurden: Wir dürfen keinen Keil in unsere Gemeinde treiben lassen. Eine Abendmahlsfeier brachte dann alle zusammen und festigte in ihnen die Überzeugung: Es gibt für uns Christen nur einen Herrn, das ist Jesus Christus. Es gibt nur einen Glauben, das ist das Vertrauen zu ihm. Und es gibt nur eine Taufe, nämlich die auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.

Leider finden die Christen heute oft keine Einheit in Grundfragen des Glaubens. So fragen manche, ob Gott wirklich das Opfer Jesu zur Versöhnung brauchte oder ob Jesus leibhaftig auferstanden sei. Für den Apostel Paulus waren das Tatsachen, die für den christlichen Glauben von entscheidender Bedeutung sind. Hier kann man keine Abstriche machen. Sonst würden die Christen ihr Glaubensfundament aufgeben und nur noch ethische Anweisungen geben, für die sich keiner mehr interessiert.

Aber bei weniger entscheidenden Dingen warnt Paulus davor, durch unnötiges Streiten die Gemeinde zu spalten. Habt den Frieden im Auge, sagt er. Strebt nach dem, was euch weiter bringt. Man kann verschiedener Meinung sein über Gottesdienstzeiten, über die Art, wie man Gottesdienste gestaltet, über ethische Fragen oder über die Personen, die in der Gemeinde mitarbeiten. Wir sollen da keinen verurteilen, der eine andere Art und Weise bevorzugt, als ich mir das vorstelle. Der eine hat eine größere Freiheit, wie er das Gemeindeleben gestaltet, als ein anderer. Da sollen wir einander nicht abwerten, sondern überlegen, was dem Frieden dient und die Menschen aufbaut. Ein Stückchen mehr Gelassenheit tut den Christen gut.

Zur Gelassenheit gehört auch das Loslassen. Wenn sich Beziehungen verhakt haben und man nicht mehr mit dem andern sprechen kann, ohne dass es Streit gibt, muss man nicht meinen, selber alles sofort lösen zu müssen. Erst mal das Problem loslassen und Gott anvertrauen. Dann wird man gelassen, und vielleicht kommt der andere zu einer Zeit auf einen zu, wo man es gar nicht mehr gedacht hat.
Ein Junge spielte mit einem Tennisball im Wohnzimmer seiner Tante. Genau in dem Augenblick, als die Tante hereinkam, flog der Tennisball in die große wertvolle chinesische Vase auf dem Buffet. Der Junge rannte zur Vase, hielt seine Hand hinein, griff den Ball und wollte ihn wieder herausholen, aber mit der geballten Hand ging das nicht. Der Junge wollte verzweifelt die Vase auf den Boden schlagen, um den Ball rauszubekommen. Die Tante schrie. Der Vater aber sagte ruhig: „Mein Junge, lass den Ball los, und dreh die Vase um. Dann fällt der Ball heraus!“
Und genau das ist auch das Wort für die, welche sich in einen Streit verhakt haben: Lass das Problem los! Denk mal anders herum! Denke an das, was dem Frieden und zur Erbauung untereinander dient.

 

Autor/-in: Pfarrerin Dr. Ulrike Eichler