25.01.2013 / Wort zum Tag

Römer 11,33

O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!

Römer 11,33

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Wie ist das eigentlich mit dem Volk Israel? Wie ist das eigentlich mit den Juden? Der Chef-Theologe der Christenheit, der Apostel Paulus widmet dieser Frage drei lange Kapitel in seinem berühmten Römerbrief. Diese kurze Andacht reicht nicht aus, um alle Aspekte dieser drei Kapitel auch nur annähernd auszuleuchten. Paulus kämpft um die Juden, kämpft für die Juden. Schließlich gehört er selbst dazu. Er kämpft um das Volk. Er kämpft für das Volk, mit dem Gott den ersten großen Bund in seiner Heilsgeschichte geschlossen hat. „Ich selber wünschte verflucht und von Christus getrennt zu sein für meine Brüder, die meine Stammverwandten sind nach dem Fleisch, die Israeliten sind, denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und die Bundesschlüsse und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen, denen auch die Väter gehören und aus denen Christus her komme nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles. Gelobt in Ewigkeit. Amen.“

Und weil einige der jungen Christen, die aus nicht jüdischen Völkern kommen, das denken könnten, plädiert er geradezu leidenschaftlich: „Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat.“ Am Ende, davon ist Paulus überzeugt, wird ganz Israel gerettet werden. Denn vor Gott steht keiner besser da als der andere. Alle sind angewiesen auf die Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Am Ende seiner Gedanken bricht es förmlich aus ihm heraus. Und das, was er hier schreibt, steht als Lehrtext über dem heutigen Tag: „Welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!“

Und das gilt nicht nur für diese Frage, die zurzeit des Paulus von Judenchristen und Heidenchristen heftig diskutiert wurde. Es gilt für die gesamte Heilsgeschichte, ja für die gesamte Weltgeschichte. Menschen können ahnen was Gott vorhat. Aber sie können es niemals wissen. Gottes Wege bleiben unbegreiflich und unerforschlich.

Nur in einer solchen Haltung kann man wohl über Gott nachdenken, über Gott und über die Welt. In einer Haltung der Anbetung. In einer Haltung der Demut. Auch hier können wir heutigen Christen viel von Paulus lernen. Mir fiel bei diesem Vers die holländische Evange¬listin Corry ten Boom ein, die oft mit einem kleinen handgewebten Teppich unterwegs war. Immer wieder zeigte sie diesen Teppich, und zwar zunächst die Rückseite. Da sah man wirre bunte Fäden, die scheinbar zusammenhanglos und ohne rechten Sinn ineinander verwoben waren. Dann drehte sie den Teppich herum und ihre Zuhörer staunten über die prachtvollen Ornamente, die diese scheinbar willkürlich verwebten Fäden gebildet hatten. „So ist unser Leben“, sagte Corry ten Boom dann meist. Ich ergänze: So ist es auch mit der Geschichte Gottes mit seinen Menschen. Wir sehen meist nur die Rückseite. Doch wir wollen glauben, dass alles einen Sinn macht. Wir wollen es glauben und eines Tages werden wir es sehen. Dann können wir nur noch staunen, wie Paulus am Ende seines langen theologischen Traktats. Was zufällig schien, hatte einen tiefen Sinn. Was verunglückt schien, hat ein wunderbares Ergebnis hervorgebracht. Was zusammenhanglos schien, ergibt ein großartiges Gesamtbild.

Ich will Gott immer wieder neu vertrauen. In den großen theologischen Fragen und in meinen kleinen Alltagsfragen. Ich will ihm vertrauen und ich will mich ihm mit all meinen Gedanken und Gefühlen bedingungslos anvertrauen. Er macht alles richtig. Er macht alles gut. 
 

Autor/-in: Jürgen Werth