02.12.2010 / Wort zum Tag

Psalm 89,2

Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich und seine Treue verkünden mit meinem Munde für und für.

Psalm 89,2

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Es war ein wunderschöner Sonnentag im Herbst. Ich ging an einem Waldrand spazieren. Die Sonne schien hinter meinem Rücken. Ihr Licht ließ die gelb bis rot gefärbten Blätter an den Baumreihen vor mir warm aufleuchten. So schön das Lichtspiel mit den herbstlichen Blattfarben auch war – irgendwie stimmte es mich melancholisch. „Das war‘s jetzt wohl mit den warmen Tagen in diesem Jahr“, ging es mir durch den Kopf. Nachts hatte es schon Bodenfrost gegeben. Gedanklich stellte ich mir vor, wie ungemütlich die kalte und dunkle Jahreszeit wieder werden würde.

Aber irgendwie ärgerte es mich, solchen trübseligen Gedanken nachzuhängen, an solch einem schönen Tag. Ich wollte mich einfach nur freuen, wollte keine depressive Laune im mir aufkommen lassen!

Plötzlich kam mir die Idee. „Wie wäre es“, dachte ich mir, „wenn ich meinen Weg einfach ändere? Anstatt der Sonne den Rücken zu kehren, einfach umdrehen und ihr entgegen laufen! Dann hätte ich das Licht vor mir. Da müsste ich zwar mit den Augen zwinkern; aber ich würde auf die Sonne zugehen. Sie würde mir ins Gesicht scheinen. Ich könnte dann nicht mehr alles so genau sehen. Doch ich würde mit den Sonnenstrahlen ihre Wärme im Gesicht spüren.“ Gedacht – getan. Ich drehte mich um und ging der Sonne entgegen. War das schön! Nun sah ich nicht nur, jetzt spürte ich auch! Es war schon traumhaft. Keine trüben Gedanken mehr. Meine Schritte wurden schneller. Wie mit zarten, silbernen Händen liebkoste mich das Sonnenlicht.

„So ist das auch Gott gegenüber“, ging es mir jetzt durch den Sinn. Laufe ich von ihm weg, dann mag, was ich gerade erlebe für den Moment noch so schön sein – es läuft aber alles irgendwie wehmütig ab. Es wirkt alles so kurzatmig, so verletzbar, so vergänglich. Laufe ich dagegen zu Gott hin, dann verliert das Schwere seine Energie, dann kommt Harmonie auf. Da ist dann Gottes Licht eine Kraft, die dem Leben Wärme, die Geborgenheit gibt. Mit diesem auf Gott Zueilen, wie ein Kind in die Arme seines Vaters stürmt, kommt Musik in die Seele, kommt ein Lied ins Herz. Da singt es plötzlich in mir. Da bricht Freude durch. Nicht die laut schreiende, eher die leise jubelnde. Und der besungen wird ist Gott.

Ich staune darüber, dass es so ähnlich schon Menschen vor Tausenden von Jahren gegangen sein muss. Ich lese in der Bibel von Leuten, die das so ausdrücken (Ps 89,2): „Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich und seine Treue verkünden mit meinem Munde für und für!“ Diese Person kann gar nicht mehr aufhören, das zu loben, was Gott für sie bedeutet. Von der Gnade Gottes will sie singen und von seiner Treue.

Das geht aber nur, wenn ich zu Gott hinlaufe. Wer von ihm wegläuft, spürt nichts von Gottes Gnade und Treue! Gnade will hier verstanden sein, dass Gott es mit uns gut meint, dass er uns wohlwollend gegenüber eingestellt ist. Er nörgelt nicht herum, wenn ich mich ihm zuwende. Er schätzt mich nicht kritisch ab, wenn ich mit ihm Kontakt aufnehme. Er freut sich einfach darüber.

Und er wartet auf mich und auf Sie. Er lässt sich Zeit, bevor er sich von einem Menschen abwendet, weil der vor ihm davon läuft. Da fängt schon Gottes Treue an. Noch bevor ich mich zu ihm hinwende, steht er da und lächelt mir entgegen. Das ist wie mit der Sonne an einem wolken- und windlosen Herbsttag! Sie scheint die ganze Zeit, ob ich ihr nun den Rücken zukehre oder ihr entgegen laufe. Doch wenn ich ihr entgegen laufe, dann umflutet sie mich mit ihrem Licht und ihrer Wärme.

Ist doch großartig, wie Gott das in seiner Schöpfung uns Menschen gegenüber erleben lässt – oder nicht?

Autor/-in: Thomas Eger