18.02.2013 / Wort zum Tag

Psalm 83,2-3

„Gott, schweig doch nicht! Und bleib nicht so still und ruhig! Denn siehe, deine Feinde toben, und die dich hassen, erheben das Haupt.“

Psalm 83,2-3

2. Petrus 3,9

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Wenn der Mörder eines Schulkindes kaltherzig für sich selbst Schmerzensgeld verlangt, weil er sich nach seiner Festnahme bedroht fühlte und das Geld zuerkannt bekommt; wenn angesichts zunehmender Verarmung Großverdienern als Vortragshonorare zehntausende Euro nachgeworfen werden, die zuvor von durchschnittlichen Verbrauchern abkassiert waren; wenn Politiker, die sich an biblische Normen halten wollen, in Europa wie vor einem Tribunal verhört und dann wegen ihrer Überzeugung für nicht wählbar erklärt werden; oder wenn Christen, nur weil sie Christen sind, schutzlos und rechtlos den Übergriffen gewalttätiger Terrorgruppen ausgesetzt sind - dann möchte man aufschreien, wie Psalm 83, Verse 2-3: „Gott, schweig doch nicht! Und bleib nicht so still und ruhig! Denn siehe, deine Feinde toben, und die dich hassen, erheben das Haupt.“

Der Psalmbeter sieht das Volk Gottes eingekreist von Feinden, die untereinander abgesprochen haben, es auszulöschen, dass „des Namens Israel nicht mehr gedacht werde“ ( V 5 ).

Bibelleser erinnern sich an Begebenheiten, wo Gott machtvoll eingegriffen hat, um geplantes Unrecht abzubiegen. Dann war der Jubel bei den Gläubigen groß. Der „Tag Midians“ (Jesaja 9, 3) wurde sprichwörtlich, an dem der Herr das Joch zerbrach, das Israel auf den Schultern lag. Vergleichbare Befreiungen kennt man wohl auch aus eigenem Erleben. Der Psalm erinnert an Geschichten aus dem Buch der Richter und bittet: Gott, mach dich doch auch heute wieder so bemerkbar!

Aber oft vergehen Jahre, manchmal ganze Lebensläufe, ohne dass Gott sich zu schreiendem Unrecht äußern zu wollen scheint. Als hätte er sich zurückgezogen oder zur Ruhe gesetzt. Man kann die tatsächlichen Abläufe nicht mit dem, was man von Gott glaubt, in Einklang bringen. Gottes Zögern ist kaum zu ertragen.

Da meldet sich im zweiten Petrusbrief eine Stimme zu Wort, die eine Einsicht weitergibt, die Christen aus bitteren Erfahrungen geschöpft haben. Dass Gott teilnahmslos zusähe, ist undenkbar, heißt es da. Als unentschlossener Zögernder wäre er nicht an Weihnachten Mensch geworden. Nein, was wie Zögern erscheint, ist in Wirklichkeit kein Zögern. Gott hält sich nicht zurück, sondern verfolgt auch dabei beharrlich sein Ziel. Er ist „gekommen, Sünder zur Buße zu rufen“ ( Lukas 5, 32 ).

Statt gegen schreiendes Unrecht unverzüglich einzuschreiten, lässt er ihnen noch Zeit zur Umkehr. Auch mir bleibt noch Zeit, wenn ich in meinem Zorn und meiner Ungeduld mich innerlich von Gott entfernt habe, in seine geduldige Liebe zurückzufinden. 2. Petrus, Kapitel 3, Vers 9: „Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern er hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Buße finde.“

Autor/-in: Pfarrer i. R. Dr. Wolfhart Schlichting