19.01.2015 / Wort zum Tag

Psalm 6,3.4

„HERR, sei mir gnädig, denn ich bin schwach; heile mich, HERR, denn meine Seele ist sehr erschrocken.“

Psalm 6,3.4

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„Bevor der zum Arzt geht, muss schon etwas Schlimmes passiert sein.“ Häufiger kann man diesen Satz von Menschen hören, die sich schwer tun, zum Arzt zu gehen. Und davon gibt es viele. Ich hörte, Männer mehr als Frauen. „Ich renn doch nicht bei jedem kleinen Wehwehchen gleich zum Doktor!“, hört man manchen sagen. Und sie haben oft recht. Wie viele Menschen rennen zum Arzt, ohne dass es wirklich nötig wäre.
Aber wer entscheidet, was nötig ist oder wäre? In dem Wort für den heutigen Tag heißt es: „HERR, sei mir gnädig, denn ich bin schwach; heile mich, HERR, denn meine Seele ist sehr erschrocken.“ Der Beter des Psalm 6 hat für sich erkannt: Es geht so nicht weiter. Ich hab`s nötig. Ich brauche Hilfe. Und das ist ja schon einmal ein wichtiger Schritt, der vielen Menschen schwer fällt. Ich brauche Hilfe. „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“, sagt der Volksmund. Und viele leben leider nach diesem Motto. Gott kommt bei ihnen nicht vor. Auch nicht als Helfer in der Not.
„Wenn ihr Auto stottert, dann fahren sie in die Werkstatt. Wenn ihr Körper „stottert“, dann wird das schon wieder.“ So erklärte mir ein Arzt das Verhalten vieler Menschen. Und er hat wohl recht. Das Auto nimmt manch einer ernster als den eigenen Körper.
Aber nicht nur der Körper kann „stottern“, auch die Seele. Was machen wir dann? Wenn die seelische Kraft nachlässt? Wenn uns Dinge so belasten, dass wir nur noch mit Mühe das Leben und den Alltag bewältigen können? Wird das auch schon wieder?
Da ist es mit körperlichen Beschwerden schon noch einfacher. Denn die sind weitgehend anerkannt. Bei Diabetes gibt es keine Diskussion. Bei den inneren Dingen heißt es dagegen schnell mal „Reiß dich zusammen!“. Und manche kommen mit billigen Rezepten wie: „Immer nach vorne gucken!“, „Sei doch mal dankbar“ oder „Mach Dir nicht so einen Kopf.“ Als ob das so einfach wäre!
Gut, dass wir heutzutage schon leichter über unsere seelischen Beschwerden sprechen können. Vor 50 Jahren war das noch viel schwieriger. Auch in christlichen Gemeinden. Für „Seelsorge gibt es in unserer Sprache kein adäquates Wort. So etwas ist bei uns weitgehend unbekannt“, meinte ein Pastorenkollege aus einem osteuropäischen Land zu mir. Wie gut, dass wir heute in unserer Gesellschaft Fachleute wie Psychologen und Therapeuten haben. Und Seelsorger in den Gemeinden. Frauen und Männer, die Gott gebraucht, um uns in seelischen Nöten nahe zu sein und uns zu helfen. Das Bewusstsein, dass wir Seelsorge brauchen, ist Gott sei Dank auch in christlichen Kreisen gewachsen. „Dass die Seele heil werde.“ So lautete die schöne Überschrift über ein Seelsorgeseminar, zu dem ich kürzlich eine Einladung erhielt. „Dass die Seele heil werde.“ Danach sehnt sich der Psalmbeter. Er wendet sich an Gott. Und er tut gut daran. Nein, nein, das ist keine Weltflucht. Es ist der Ruf zu Gott, der zuständig und kompetent ist in allen Nöten, die uns treffen können. Und dieser Gott hilft uns. Durch sein Wort. Durch seinen Geist. Durch seine Leute. Durch Seelsorger oder Therapeuten oder ganz einfach durch Sie und mich. Ich wünsche Ihnen ein offenes Ohr.
 

Autor/-in: Pastor Karl Gerhard Köser