31.03.2012 / Wort zum Tag

Psalm 55,17

„Ich will zu Gott rufen und der Herr wird mir helfen!“

Psalm 55,17

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Wundern Sie sich bitte nicht über üblen Machenschaften in dieser Welt und in Ihrer Umgebung und nicht einmal, wenn sie selbst unter ihre Räder kommen.
Staunen Sie vielmehr über Zeichen der Liebe, über Momente der Barmherzigkeit. Sie sind Hinweise auf den offenen Himmel.

„Ich will zu Gott rufen und der Herr wird mir helfen!“  Ein Ermutigungssatz aus Psalm 55.
Trotzig klingt er. Der Dichter weiß den Himmel, weiß Gottes Ohr und Herz offen.

Aber dieser Satz ist nur eine Momentaufnahme! Viel länger kreisen die Gedanken des Dichters um sich selbst. In tiefer Krise steckt er mit schlaflosen Nächten und endlosem Grübeln.
„Ruhelos klage ich und heule. Mein Herz hat Angst, hat Todesfurcht. Mir graut!
Ich will hier weg!“, betet er.

So stöhnt ein verletztes Herz, das keinen Ausweg weiß! Er fühlt sich gefangen im Netz, das Gegner am Spinnen sind.
Misstrauisch wittert der Dichter, wo welcher Widersacher was sagt.
Lug und Trug reden sie. Ihn zu verderben ist Sinn ihrer Worte! 

Denkt er an Kollegen, Konkurrenten, Neider, Emporkömmlinge, Nachbarn?
Wem kann er trauen? Vor welchen Machenschaften muss er sich sichern?

Denkt er an die Familie, an Cousins und Cousinen, an Geschwister, an Nichten und Neffen, an Vater und Mutter oder eigene Kinder gar? Nirgendwo können Enttäuschung und Hass so groß werden wie dort, wo mal familiäre Nähe und Liebe waren.

Denkt er an Gemeinden, in denen man übereinander reden. Wo sie  tuscheln und Gerüchte verbreiten. Wo sie hinterm Rücken reden, sich gegenseitig verleumden und das oft noch mit dem Hinweis, sie würden sich Sorgen machen um die Betroffenen oder die Gemeinde. Erlebt er Gemeinde als  Gemeinheit?

Vor allem denkt er an einen Freund!
Ich zitiere: „Aber nun bist du es, mein Gefährte, mein Freund, mein Vertrauter. Der mit dem ich in tiefer  Freundschaft verbunden zum Hause Gottes gepilgert bin inmitten der Gemeinde.“

Aus Verwandten, aus Kollegen, aus Glaubensgenossen sind Feinde geworden!

Was man sonst nur aus Filmen oder der Klatschpresse kennt, plötzlich ist es das eigene Leben!

Als ich das mit dem Freund las, dachte ich an jenen Pfarrer, der in seinen Stasiunterlagen den Namen seines Freundes entdeckte. Mit ihm hatte er intensiven Austausch  und gemeinsames Gebet gepflegt. Aber dieser Freund hatte jahrelang als Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit Auskunft über ihn gegeben und ihn verraten.

Dann dachte ich weiter an Jesus und an Petrus. Der verleugnete in der tiefsten Stunde seinen Freund.

Wundern Sie sich bitte nicht über üble Machenschaften in dieser Welt und in Ihrer Umgebung und nicht einmal, wenn Sie selbst unter ihre Räder kommen.

Die Bibel beschreibt uns Menschen realistisch.

Der Dichter macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Er tut das, weil er Gottes Wort kennt: „Mein ist die Rache!“ So kippt er mit Leidenschaft sein empörtes Herz aus und lässt Gott an seiner Wut teilhaben. Gott wird machen. Gott muss machen.

Mein ist die Rache, sagte Gott und lässt alle Strafe auf Jesus lasten. Daran erinnern Christen am Karfreitag, dem Kreuzigungstag Jesu.

Wundern Sie sich nicht über die Machenschaften dieser Welt, aber staunen Sie über Zeichen der Liebe, über Momente der Barmherzigkeit. Sie sind Hinweise auf den offenen Himmel.

Sagen Sie vielmehr mit dem Dichter:
„Ich will zu Gott rufen und der Herr wird mir helfen.“

Autor/-in: Pastor Wilfried Ahrens