02.11.2011 / Wort zum Tag

Psalm 5,9

HERR, ebne vor mir deinen Weg!

Psalm 5,9

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Zahllose Geschichten könnte ich erzählen von unebenen, löchrigen Straßen. Damals in Sri Lanka war der Weg zur Kokosnussplantage über Nacht so überflutet, dass der Gastgeber uns mit seinem Auto nur wieder rausfahren konnte, weil er wusste, wo im braunen Wasser die Steine liegen. Und bei unsren evangelistischen Einsätzen im russischen Ural mussten wir immer wieder im Schritt-Tempo über Nebenstraßen hoppeln.
Ebener Weg oder unebene Straße sind auch Symbole für Abschnitte in unserem Lebens-Ablauf. Wir reden z. B. von leichten oder schweren Weg-Strecken.

König David war von Feinden bedroht. Im Psalm 5 schildert er so eine Situation. Er war zwar nicht eingekreist von bewaffneten Feinden wie so oft in seinem früheren Leben. Aber es sind Lügner, Falsche und Heuchler, die ihm das Leben schwer machen. Und so fleht er Gott an: Ebne vor mir deinen Weg! In dieser Formulierung ist erstaunlich, dass er nicht direkt sagt: „Der Weg der Feinde“ ist voller Löcher. Auch nicht: „Mein eigener Weg“ liegt im Dunkeln. Sondern David erkennt: Es ist Gottes Weg selbst, der gefahrvoll und beschwerlich sein kann.

Ach ja, so geht es mir auch immer wieder, dass ich nicht so recht weiß, wer mir die heimlichen oder unheimlichen Fußangeln aufgebaut hat. Wer Gräben vor mir aufriss, dass ich nicht voran komme. Ob Gott manchmal die Gottlosen benutzt, damit es mir nicht zu wohl wird? Damit ich mehr zu ihm schreie? Wie David: Vernimm mein Schreien, mein König und mein Gott!? - Obwohl David die Feinde mit schlimmen Ausdrücken belegt, zum Beispiel: Sie sind dem Herrn ein Gräuel, geht es ihm nicht nur um deren Vernichtung. Sondern es geht ihm um sein eigenes Verhältnis zu Gott: Dass er zu den Gerechten gehört. Dass er ins Haus des Herrn gehen darf. Dass er zu denen gehört, die mit Gnade wie mit einem Schild bedeckt werden. Sein Gottes-Verhältnis ist wohl der Grund dafür, dass er nicht betet: „Ebne vor mir meinen Weg“ zum Sieg über die Feinde. Sondern: Ich will deinen Weg gehen, mein Gott.

Ich vermute, dass viele von Ihnen einen schwierigen Lebensweg haben. Wenn Sie aber akzeptieren, dass es kein feindlicher Weg ist, sondern der Weg Gottes, wird es in der Regel besser. Die Um-Wege werden erträglicher. Manche Wegstrecke kann sogar „erquickend“ werden - wie eine „grüne Aue“, von der David im Psalm 23 schwärmt. Den schwersten Gottes-Weg, den es je gab, ging Jesus. Er trug sein Kreuz (oder war’s mein Kreuz?) hinauf nach Golgatha. Dieser Weg wurde zwar kurzzeitig ein bisschen geebnet, weil Josef von Arimathia mithalf. Aber entscheidend war, dass Jesus wusste, dass dieser Weg der Feinde zugleich der Weg des Vaters ist. Wie Paul-Gerhardt Jesus sprechen lässt: „Ja, Vater, ja, leg auf, ich will dir‘s tragen.“ Und seit Jesu Kreuz-Weg geht Jesus auf unseren Wegen persönlich voraus. Mit ihm können wir erleben, wie Steine im Bach zum Halt für unser Fahrzeug werden. Oder Stolpersteine zu Stufen für unsere Füße. Am Ende werden wir  begreifen, dass unser schmaler Weg, von dem Jesus in der Bergpredigt spricht, besser war als der breite Weg der Gottesfeinde. Spätestens, wenn wir durch die enge Pforte ins Himmelreich eingegangen sind. Es ist schön, dort auch David zu treffen, der uns zu beten lehrte: „Herr, ebne vor mir deinen Weg!“
Es ist grandios, am Ende des Wegs dem Dreieinigen Gott selbst zu begegnen.

Autor/-in: Pfarrer Traugott Fränkle