14.09.2011 / Wort zum Tag

Psalm 34,16

Die Augen des HERRN merken auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien.

Psalm 34,16

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Gebetserhörungen sind ermutigend, finde ich. Wir sollten in Gottesdiensten und Gebetskreisen öfter von solchen - möglichst frischen - Glaubenserfahrungen berichten. Schwieriger ist es mit den nicht erhörten Gebeten. Wir meiden das Thema eher. Aber wäre es nicht ehrlich und sogar hilfreich, ihm nicht auszuweichen? Ein transparenter und wahrhaftiger Umgang mit erhörten wie mit nicht erhörten Gebeten steht Christen gut an. Das wird uns als Einzelne und Gemeinden im Glauben reifen lassen - und unsere Glaubwürdigkeit für suchende Menschen erhöhen.

„Die Augen des HERRN merken auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien.“ So heißt es im Bibelwort für heute aus Psalm 34, Vers 16. Eine eindeutige Zusage, dass Gott unser Gebet hört. Solche Zusagen gibt es sogar ziemlich häufig in der Bibel. „Schön wär´s“, sagt so mancher, der unter nicht erhörten Gebeten leidet. „Hört und sieht – und erhört – er mich wirklich?“

In mancher christlichen Tradition wird allzu schnell eine Hintertür benutzt, die ein Ausweg zu sein scheint. Sie lautet „dein Wille geschehe“. Andere Frömmigkeitstypen halten unter allen Umständen an der Aussage fest, dass Gott alle Gebete erhört - und machen dann mit der Suche nach Ursachen sich selber und anderen das Leben schwer. Wir alle wissen es doch eigentlich genau: Es gibt keinen Automatismus. Die Wirklichkeit des Glaubens ist differenzierter. Weil Gott eine Person ist und kein Prinzip; ein Vater, der mit uns kommuniziert; der uns liebt und unser Bestes will; uns aber auch bewahrt und erzieht, wenn es aus seiner Weisheit heraus erforderlich ist. Gebet ist eingebettet in diese Beziehung, die Jesus gestiftet hat und die der Heilige Geist wach hält. Je mehr Jesus durch seinen Geist in uns lebt, je mehr er all unser Wünschen und Tun durchdringt, desto eher kommt es zur Übereinstimmung zwischen dem Willen Gottes und unseren Gebeten. Das meint Jesus wohl mit der Aufforderung, den Vater „in seinem Namen zu bitten“ und voll Vertrauen die Erhörung zu erwarten. Also soll es unser Bestreben sein, Jesus ähnlicher zu werden, immer mehr in allen Bereichen unserer Persönlichkeit vom Heiligen Geist erfüllt zu sein.

Dies gibt uns auch die Antwort auf die Frage, die aus dem Psalmvers entsteht: „Aber wer sind denn die Gerechten?“ Es sind nach neutestamentlichem Zeugnis Menschen, die in einer aufmerksamen Beziehung mit Jesus Christus leben; solche, die von Gott durch Jesus gerecht gemacht worden sind; die sich in ihrem Beten nach seinem Willen ausstrecken; die sich in ihrem Verhalten von seinem Vorbild anstecken lassen; die sich von der Art Jesu und seinem Geist immer mehr anfüllen lassen möchten. So geht es letztlich beim Beten nicht um die Erfüllung unserer Wünsche, sondern darum, dass die guten Absichten Gottes in unserem Leben zum Zuge kommen. Dabei ist es gut, wenn wir uns vor Augen führen, dass Gott seine Kinder sehr unterschiedlich führt - und nicht nach „Schema F“. Die einen sind mit ihrem Gebet für ein Anliegen beharrlich „dran geblieben“ und erleben, wie Gott nach längerer Zeit erhört. Die anderen können im Blick auf Gottes größere Weisheit eine Bitte auch mal getrost loslassen. Die dritten wiederum werden getröstet und getragen, obwohl sie das Handeln Gottes nicht oder noch nicht verstehen. Und die vierten erleben überraschend Gottes wunderbares Eingreifen. Für all diese Fälle stimmt die Verheißung aus Psalm 34: „Die Augen des HERRN merken auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien.“
 
Erlauben Sie mir, Ihnen auf dieser biblischen Grundlage zum Schluss das Folgende persönlich zuzusprechen: Der lebendige Gott hört und sieht dich. Nicht, um dich zu kontrollieren, sondern um eine Beziehung der Liebe und des gegenseitigen Vertrauens mit dir zu bauen. Er sucht dich als Gegenüber. Er möchte angesprochen werden und dir gerne zuhören. Er sieht alle deine Wege und will dich sicher führen. Er wird dich auch trösten, wenn Dinge nicht so laufen, wie du sie von ihm erbeten hast. Denn er will immer dein Bestes, auch wenn du es nicht gleich erkennst. Vertrau ihm, dem Vater deines Herrn Jesus Christus, der dich sieht und hört! Er führe, segne und behüte dich.
 

Autor/-in: Pfarrer Axel Nehlsen