03.05.2012 / Wort zum Tag

Psalm 16,8

Ich habe den Herrn allezeit vor Augen.

Psalm 16,8

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Manchmal werde ich nachts wach und kann nicht gleich wieder einschlafen. Meine Gedanken kreisen um irgendwelche Probleme, die mich zurzeit beschäftigen. Es gelingt mir nicht, sie einfach abzulegen, obwohl mir klar ist, dass ich die Probleme zu diesem Zeitpunkt sowieso nicht lösen kann. Ich wälze mich im Bett hin und her und ärgere mich zusätzlich über die verlorene Zeit, die ich doch nötig zum Schlafen brauche. Es hat dann keinen Zweck einfach liegen zu bleiben. Geholfen hat mir dann oft, aufzustehen, die Bibel zu nehmen und gezielt einige Abschnitte, etwa aus den Psalmen und dem Neuen Testament zu lesen; Stellen, die mir Gottes Fürsorge und Treue, seine Liebe und seine Macht wieder neu vor Augen stellen. Meine Gedanken werden so von den Sorgen abgelenkt und auf Gott hin ausgerichtet. Ich komme zur Ruhe und bald stellt sich auch die Müdigkeit wieder ein. Ein neuer Versuch, wieder einzuschlafen, gelingt in aller Regel.

Eine andere Erfahrung ist die, dass Sorgen, Befürchtungen, negative Erlebnisse und Äußerungen meinen inneren Blick so sehr fesseln können, dass ich das viele Gute in meinem Leben nicht mehr sehen kann. Ständig habe ich die Not oder das Problem vor Augen und es zieht meine Stimmung herunter. Ich sehe alles nur noch schwarz, was überhaupt nicht der Realität entspricht. Oft sind es dann die Lieder im Gottesdienst oder auf einer CD, Bibelworte oder eine Predigt, das Gespräch mit einem Menschen oder auch Bilder und Texte eines Bildbandes, die meinen Blick wieder auf die Realität Gottes lenken und mir im Vertrauen zu ihm eine neue Perspektive geben.

Der König David von Israel hatte bei allen Siegen und Erfolgen in seinem Leben auch ganz schwere Zeiten zu bewältigen: Es gab Menschen, die ihm nach dem Leben trachteten. Er ist in schwere Schuld gefallen. Er hat den Verlust von Kindern verkraften müssen, die vor ihm gestorben sind. Eigene Söhne planten einen Aufstand gegen ihn und traten ihm als Feinde entgegen. Da war also Bedrohung und Bedrängnis, Trauer und Enttäuschung über eigenes Versagen. Und trotz allem hat er uns eine Reihe von Psalmen hinterlassen mit so vertrauensvollen Aussagen, wie „der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“ oder „der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten?“ Im Psalm 16 lüftet David sein Geheimnis, was ihm trotz allen leidvollen Erfahrungen, seine Zuversicht erhalten hat. Er schreibt: „Ich habe den Herrn allezeit vor Augen; steht er mir zur Rechten, so werde ich fest bleiben. Darum freut sich mein Herz, und meine Seele ist fröhlich; auch mein Leib wird sicher liegen...Du tust mir kund den Weg zum Leben: Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich.“

„Ich habe den Herrn allezeit vor Augen.“ Das heißt: Ich sehe ab von allem, was mich belastet und schaue auf ihn, der mich liebt und mich umgibt von allen Seiten. Ich blicke auf seine Macht und auf die guten Zusagen in seinem Wort, die absolut verlässlich sind und lasse meine Gedanken und dann auch meine Gefühle davon leiten. Und wenn ich auch von seiner Hilfe in der gegenwärtigen Situation nichts sehen kann, dann halte ich daran fest, dass Gott alles im Griff hat und das Beste mit mir im Sinn hat. Damit sehe ich nicht nur auf das Sichtbare, wie es der Apostel Paulus einmal ausgedrückt hat, sondern auch auf das Unsichtbare. Diese Sicht des Glaubens wird erst in der neuen Welt Gottes einmal abgelöst durch unmittelbares Schauen und Verstehen. Es ist ein wichtiger Bestandteil meiner Seelsorge an Menschen in akuten Situationen, in denen sie nichts anderes sehen und denken können, als die gerade bedrängende Last. Ich versuche, mit dem Wort Gottes ihren Blick neu auf Gottes Liebe und seine unbegrenzten Möglichkeiten zu leiten. Das ist dann keine Augenwischerei, sondern die Korrektur einer falschen Blickrichtung und der Versuch die Augen zu öffnen für die unsichtbare Wirklichkeit Gottes.

Wenn Sie den Eindruck haben, Sie brauchten jetzt auch eine neue Aussicht als Ausweg aus belasteten Gedanken, dann lesen sie doch einmal den ganzen Psalm 16 oder auch andere Psalmen von David, wie Psalm 23 oder 27 oder 139. Stellen Sie sich damit den Herrn vor Augen! Er hat alles in seiner Hand.  

Autor/-in: Pastor Wolfgang Schulze