22.02.2013 / Wort zum Tag

Psalm 124,7

„Unsere Seele ist entronnen wie ein Vogel dem Netze des Vogelfängers; das Netz ist zerrissen, und wir sind frei“

Psalm 124,7

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So heißt es im 124. Psalm. Ein Vogel, der in das Netz eines Vogelfängers geraten ist, hat normalerweise keine Chance, aus eigener Kraft zu entkommen. Doch hin und wieder geschieht es, dass ein Vogel in seiner Todesangst das Netz zerreißen und entkommen kann.

So eine knappe und unverhoffte Rettung des Volkes Israel im letzten Augenblick ist hier in diesem Psalm angesprochen.

Israel gleicht diesem Vogel, der sich im letzten Augenblick losriss und frei wurde. Aber die Israeliten haben daraus nicht den Schluss gezogen: Wir haben noch einmal Glück gehabt. Sondern sie erkennen: Gott war dabei. Gott hat uns bewahrt. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Nicht jeder, der in eine große Krise gerät, kommt da wieder raus. Und was für ein ganzes Volk gilt, betrifft auch den Einzelnen. Wie gefährdet ist mein Leben in manchen Augenblicken? Wie oft habe ich schon im Nachhinein gedacht: Ohne Gott wäre ich da nicht herausgekommen. Allerdings steht nirgendwo geschrieben, dass Gott sein Volk immer von vornherein vor großen Problemen oder sogar Verfolgung bewahrt.

Die Israeliten haben viele Erfahrungen mit solchen Netzen gemacht. Die Vogelfänger hießen Ägypten, Assuan oder Babylonien. Nur zu oft hat sich das Volk selbst in das lebensbedrohende Netz manövriert. Wie der Köder im Netz den Vogel anlockt, so haben Macht und Religion der Nachbarvölker die Israeliten gefangen genommen. Gottes Volk wäre umgekommen, wenn Gott nicht die Netze der Gefangenschaft zerrissen hätte.

Der Gott, der das Volk Israel aus der Sklaverei geführt hat, der es noch manches Mal danach befreit hat, der uns Christen, um in diesem Bild zu bleiben, aus der Sklaverei der Sünde geführt hat, und auch danach immer wieder hilft, verlässt uns auch heute nicht. Anfeindungen, tiefe Krisen und Schuld bleiben uns nicht erspart. Doch selbst dann sind wir von Gott nicht verlassen.

Doch heute vergessen wir das manchmal, so wie es Pfarrer Lothar Zenetti gedichtet hat:

„In einer Predigt hörte ich sagen:
Jesus war ein Freund der Sünder,
der Armen, der Gescheiterten.
Er heilte die Kranken,
er war das Licht der Welt …
Er war, er war, er war –
Ist er es denn nicht mehr?
So in der Vergangenheit von ihm zu reden,
wenn auch rühmend –
heißt, ihn für tot zu erklären,
heißt, leugnen, dass er auferstand
und dass er lebt und dass er ist
das Licht der Welt. Und mehr:
Er, der war und ist, er wird auch sein –
ich hoffe, darauf hoffe ich nicht allein!“

Autor/-in: Pastor Udo Vach