20.07.2013 / Wort zum Tag

Psalm 118,22-23

Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom HERRN geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen.

Psalm 118,22-23

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Passt das Bild vom Ziegelstein auf der Schutthalde in unsere Wegwerfgesellschaft? Es passt.

Von einem Flüchtling habe ich gehört, der im August 1989 bei Nacht und Nebel die rumänisch- jugoslawische Grenze überwindet und schließlich in Bayern Aufnahme findet.

Auf der Suche nach Arbeit, bewirbt er sich um die Stelle als Haustechniker in einem renommierten Hotel. Er sieht sich chancenlos unter mehr als dreißig Bewerbern. Es hapert an Sprachkenntnis, motorisierter Mobilität und anderem mehr. Der Personalchef macht ihm wenig Hoffnung auf den Job. Da stellt der Hoteldirektor persönlich den Bewerbern eine Aufgabe: Sie sollen eine Reparatur an der  Heizungsanlage ausführen. Auch diejenigen, die sich getrauten hätten, die defekte Wärmepumpe zu zerlegen, sind vorsichtshalber der Ansicht, dass diese komplett getauscht werden müsse. Verwerfen sei hier die einzige Lösung. Auch wenn das hohe Kosten verursache.

Jener Mitbewerber aus dem ärmlichen Balkanland läuft nach Hause und sucht nach einer Lösung des Problems. Ihm kommt eine Idee, Abhilfe zu schaffen. Aus einer alten Schuhsohle schneidet er  exakt das Ersatzteil aus, das benötigt wird. Ruhig und geschickt baut er den defekten Gegenstand zusammen und präsentiert das Ergebnis: die Heizung läuft. Ein kleines Wunder vor den Augen der Staunenden. Er bekommt die Stelle. Der Hoteldirektor ist übrigens bis heute sein Freund.

Diese kleine Episode erzählt mir, dass eine alte Schuhsohle, die in reichen Haushalten längst entsorgt worden wäre, eine Panne behebt. Ja, auf sie kommt es an. Es hätte keiner für möglich gehalten. Und das Ganze erwies sich tatsächlich über Jahre als haltbar und nicht als Flickwerk.

Jedesmal wenn ich den großartigen Festtagspsalm bete und das Wort vom verworfenen Eckstein ausspreche, fällt mir auch das eben Geschilderte ein.

Dieser Jesus. Unter den Mächtigen und Einflussreichen auf der Erde so unbedeutend und überflüssig wie eine ausgesonderte Schuhsohle. Das Kreuz so erbärmlich, dass es vor die Tore der Stadt gehört. Auf die Halde. Wo man Müll entsorgt. Wo ausrangierte Schuhe landen. Und Steine, die keine Verwendung mehr finden.

Dieser Jesus. Was kann der schon bewirken?

Auch damals im Hotel haben sie auf den armen Kerl herab geschaut. Was will der erreichen, wenn er mit Öl verschmierten Händen in der Kiste kramt, um hoch moderne Technik in Gang zu setzen? Es schien lachhaft. Hier wie dort. Eine Panne im System.

Seit dem lichtvollen Ostertag wissen wir: Der lebendige Herr hält unser Lebenshaus zusammen. Jesus gibt ihm Bestand und garantiert diesen über den Tod hinaus Am Eckstein hängt das Leben. Man kann auf ihn nicht verzichten. Alles würde einstürzen. Ein Trümmerhaufen. Und der Wind trüge die Staubwolke davon. Gott hat das vorausgesehen und seinen Sohn in die klaffende Lücke gesteckt.

In diese Lücke, die entsteht, weil ich von Gott abrücke. Weil ich mir mein Glück schmieden will. Aber die Eisen, die ich im Feuer habe, erweisen sich nur als bedingt haltbar. Die Ziegel, die ich brenne, sind brüchig. Aber zusammengefügt und auf einem tragenden Grund halten sie dennoch. Schon das ist ein Wunder.

Wenn allerdings der Eckstein fehlt, dann weist das Lebenshaus eine entscheidende Schwachstelle auf. Denn dann fehlt es an Verständigung. An Vertrauen. An Versöhnung. Dann ist der Frieden dahin. Dann versuchen wir die Sache hinzubiegen, damit es uns irgendwie passt. Aber es bleibt schief. Die Lücke klafft. Zwischen Gott und uns. Genauso zwischen mir und Ihnen. Nur eine Erschütterung reicht aus und, was wir aufgerichtet haben, sackt zusammen. Gott weiß Bescheid. Er kommt. Schickt Jesus zu uns. Den Eckstein, der uns verbindet. Der uns mit dem Vater im Himmel zusammenbringt. Was für ein Wunder! Und welche großes Glück!

Jesus nimmt auf sich, was wir hingebogen haben und richtet es aus. Er füllt diese fatale Lücke mit Liebe. Auf den ersten Blick erscheint das so nebensächlich wie der Umstand, dass eine ganze Heizungsanlage nur wegen eines porösen Dichtringes ihren Dienst versagt.

Oder, um im Bild des Psalmbeter zu sprechen: Dass nur wegen eines einzigen Steines, der vergessen wurde, ein Haus einstürzen kann  Aber es ist so. Nun kommt es auf uns an, zu erkennen, dass Gott die Panne behoben hat. Dafür lasst uns danken. Wir wollen  den Herrn loben, weil er allein uns am Leben erhält.

Autor/-in: Karsten Loderstädt